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Wilde Behauptungen

Pakistan Tariq Alis reichlich einseitige Analyse

02.02.2009
2023-08-30T11:23:45.7200Z
2 Min

Nachdem sich Tariq Ali in seinem vorletzten Buch mit der politischen Entwicklung in der Karibik beschäftigt hatte, wendet er sich mit "Pakistan" wieder einem Thema zu, von dem er erkennbar mehr versteht. Allerdings betrachtet er die historisch-politischen Hintergründe und die aktuelle Lage in Pakistan durch eine deutlich anti-amerikanisch gefärbte Brille. Dies beeinträchtigt die Wahrnehmung des gebürtigen Pakistaner mitunter so stark, dass er selbst für hausgemachte pakistanische Probleme Washington verantwortlich macht.

Anstatt die Ursachen der tiefen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und religiösen Konflikte seiner Heimat sauber zu analysieren, schiebt der ehemalige Vordenker der internationalen Studentenbewegung von 1968 die Missstände lieber auf die Politik der "imperialistischen" USA und ihrer "Marionetten". Darunter versteht er die politisch-militärische Elite Pakistans. Nach Ansicht Alis befinden sich die Bürger seit langem im Kampf gegen diese "Amerika hörige Clique". Dabei verlaufe die Hauptkonfliktlinie zwischen den "korrupten, kaltschnäuzigen Führern" und der Mehrheit des pakistanischen Volkes.

Das noch vor dem tiefen politischen Fall von Präsident Pervez Musharraf geschriebene Buch prognostiziert eine Zersplitterung der pakistanischen Armee für den Fall, dass die USA das pakistanische Territorium weiterhin bombardierten oder von Afghanistan aus Überfälle organisierten. In diesem Zusammenhang unterschätzt der Autor die Rolle der Islamisten, die Pakistan "talibanisieren" wollen. Stattdessen ist er davon überzeugt, dass die Gefahren, die von einer islamistischen Revolution oder von "dschihadistischen Terroristen" ausgehen, eine Erfindung Washingtons seien. Diese "wilden Behauptungen" verfolgten allein das Ziel, eine Besetzung Pakistans zu legitimieren, um so einer fiktiven Machtübernahme durch die "Heiligen Krieger" zuvorkommen. Dabei würde ein solches Szenario erst Recht die Islamisten an die Macht bringen und selbst Präsident George W. Bush hätte sich wohl kaum auf ein weiteres militärisches Abenteuer dieser Art eingelassen. Mit dieser Einseitigkeit hat Tariq Ali seinem ansonsten informativen Buch keinen Gefallen getan.

Tariq Ali:

Pakistan. Ein Staat zwischen Diktatur und Korruption.

Diederichs Verlag, München 2008; 334 S, 22 €