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Kurz notiert

29.06.2009
2023-08-30T11:24:00.7200Z
8 Min

Jörg Tauss wechselt von der SPD zur »Piratenpartei«

Jörg Tauss (55), seit 1994 SPD-Bundestagsabgeordneter, ist aus seiner Partei ausgetreten. Er begründete diesen Schritt damit, dass das Verhalten der SPD-Fraktion beim "Zugangserschwerungsgesetz" zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet für ihn letzter Beleg dafür sei, "dass heute weder Internetexperten noch Bürgerrechtler ausreichendes Gehör im Parlament" fänden. Es fehle allen etablierten Parteien an hinreichendem Internet-Sachverstand in verantwortlicher Position. Tauss kündigte an, ab jetzt werde die "Piratenpartei" seine neue politische Heimat sein. Sie setzt sich unter anderem gegen Zugangssperren im Internet ein. Seit März ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Tauss wegen Verdachts des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornos. Tauss hatte dies mit "Recherchetätigkeit" als Abgeordneter begründet.

Gruppenvorlage gegen NS-Urteile wegen Kriegsverrats

Urteile wegen Kriegsverrat sollen nach dem Willen einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe in das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile aufgenommen werden. Dazu haben 39 Linken-, 38 Grünen- und 24 SPD-Parlamentarier einen Gesetzentwurf (16/13405) vorgelegt. Sie verweisen darauf, dass der Straftatbestand des Kriegsverrats unter der NS-Herrschaft verschärft worden sei. So sei im Zuge der "Verratsnovelle" 1934 sei für den Straftatbestand des Kriegsverrats als alleinige Strafandrohung die Todesstrafe eingeführt worden.

Robbe für mehr Gedenken an Soldaten im Auslandseinsatz

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), spricht sich für neue Formen der Würdigung von Bundeswehrsoldaten insbesondere im Auslandseinsatz aus. Damit könne in der Bundesrepublik das Bewusstsein dafür erhöht werden, dass die "rund 8.000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz deutsche Interessen vertreten", sagte Robbe dieser Zeitung. Beispielsweise könnten die Kirchen an einem Sonntag im Jahr der aktiven Soldaten wie der Einsatzveteranen gedenken und die Gewerkschaften die Soldaten bei ihren Mai-Kundgebungen würdigen. Zuletzt waren am 23. Juni drei Bundeswehrsoldaten in Afghanistan im Einsatz ums Leben gekommen.

Karenzzeit für Mitglieder der Regierung gefordert

Die Linksfraktion will, dass Mitglieder der Bundesregierung nach Ausscheiden aus dem Amt fünf Jahre lang keine Vorstands- oder Aufsichtsratsposten in Unternehmen annehmen, die mit Steuermitteln vor der Insolvenz gerettet wurden. So könnten sie den Verdacht vermeiden, nicht nur dem Allgemeinwohl, sondern auch privaten Interessen verpflichtet zu sein, heißt es in einem von der Fraktion eingebrachten Antrag (16/13366).

Die Gründungsväter eines eigenständigen Sportausschusses waren weise. Sie erkannten schon vor vier Jahrzehnten die Volksbewegung Sport, die Millionen aktiv und weitere Millionen als Zuschauer in ihren Bann ziehen sollte. Der Sport musste sich in einem besonderen Ausschuss artikulieren und öffentlich profiliert darstellen können.

Dabei sollte er sich einig sein, dass Sport und Politik im Schulterschluss sachdienlicher sind als überzogene nach außen gerichtete Kritik. Bei aller Notwendigkeit parlamentarischer Kontrolle müssen wir dem organisierten Sport mehr Grundvertrauen entgegenbringen. Der Staat kann es nicht besser richten!

Das gilt für die Finanzierung des Spitzensports. Sie kann langfristig nur gesichert bleiben, wenn neben der staatlichen Hilfe die private Unterstützung als tragende Säule gestärkt wird. Werbung und Sponsoring gehören ebenso dazu wie der Erlös aus Glücksspielen.

Zu den negativen Erfahrungen der vier Jahrzehnte Arbeit des Sportausschusses gehört die zunehmende Freisetzung selbstzerstörerischer Energien im Sport. Die Dopingbekämpfung wurde zu einem zentralen Thema, bei dem sich die FDP staatsgläubigen Lösungsversuchen widersetzen musste. Die Sportgerichtsbarkeit mit ihren schnellen durchgreifenden Sanktionen bleibt allemal effektiver als rechtsstaatliche Strafverfolgung des einzelnen Athleten mit der ihr immanenten Ungewissheit des Ausgangs der Verfahren.

Der Sportausschuss hat sich in den vergangenen 40 Jahren mit umfassender sportpolitischer Kompetenz als wichtiges parlamentarisches Entscheidungsgremium des Deutschen Bundestages etabliert. Die SPD hat die Sportpolitik geprägt, etwa durch die von Bundeskanzler Willy Brandt eingeführte Übungsleiterpauschale. Anfang der 90er Jahre setzten die SPD-Sportpolitiker den Kampf gegen Doping ganz oben auf die Agenda, denn nur ein "sauberer" Sport darf staatliche Spitzensportförderung beanspruchen. Ein langes Ringen um einen konsequenten Anti-Doping-Kurs begann. Gegen zum Teil erbitterten Widerstand aus Sport und Teilen der Politik wurde 2007 eine eingeschränkte Besitzstrafbarkeit von Dopingsubstanzen eingeführt.

Um die gesellschaftliche Bedeutung des Sports zu unterstreichen, hat die SPD-Bundestagsfraktion im Oktober 2007 einen Beschluss gefasst, den Sport als Staatsziel in das Grundgesetz aufnehmen zu wollen. Dies wird von den Sportorganisationen ausdrücklich befürwortet, insbesondere, da der Sport bereits in 15 von 16 Landesverfassungen verankert ist.

Die Themen, derer sich der Ausschuss annimmt, sind so vielfältig wie die Lebensbereiche, in denen der Sport unverzichtbarer Bestandteil ist: Spitzen-, Breiten- und Freizeitsport, Gesundheit, Bildung, Integration und die internationale Dimension des Sports sind nur einige Handlungsfelder.

Der Sportausschuss wird 40. Und er kommt trotz oder vielleicht wegen seiner politisch so unterschiedlichen Besetzung immer noch sehr dynamisch daher.

Die besondere Stärke des Ausschusses der letzten Jahre war die enge Zusammenarbeit mit den vielen Partnern des Sports. In vielen Anhörungen und Berichterstattungen redeten wir nicht nur über die Dinge und deren Akteure, sondern mit ihnen.

Sport ist kein Luxusgut, sondern ein Grundbedürfnis der Menschen. Er erfüllt in unserer Gesellschaft wichtige soziale und pädagogische Aufgaben. Ich bin froh darüber, dass es uns gelungen ist, zu zeigen, dass der Sport unauflöslich in alle Grundsatzdebatten zur gesellschaftlichen Entwicklung gehört.

Kritisch sehe ich, dass der Ausschuss noch immer weit davon entfernt ist, das positive Erbe des DDR- Sports zu erkennen und aufzunehmen. Die Verbindung zwischen Schulsport, allgemeinem Breitensport und Spitzensport hatte in der DDR ein weltweit anerkanntes hohes Niveau. Es ist Zeit, daraus Kraft für die Zukunft zu gewinnen.

Denn Deutschland kann international nur mithalten, wenn der Breitensport fit ist, wenn der rote Faden von Sport und Bewegung vom frühkindlichen Alter bis ins Seniorenalter erkennbar bleibt.

Ich bin dafür, in den nächsten Jahren, ein Sportfördergesetz des Bundes zu verabschieden und ernsthaft über die grundgesetzliche Verankerung des Sports als Staatsziel zu streiten.

"Gute Gesetzgebung" gibt es nicht - zumindest nicht als einheitlich verstandenen Begriff. Vielmehr verbergen sich dahinter zahlreiche Akteure, Institutionen und wissenschaftliche Perspektiven. Eine Auswahl:

Beirat für nachhaltige Entwicklung

Arbeitet seit April 2006 und soll langfristige Verantwortung im politischen Geschehen fördern.

Büro für Technikfolgenabschätzung

Das TAB ist ein selbstständiges wissenschaftliches Institut, das den Bundestag in wissenschaftlich-technischen Fragen berät.

E-Dokument

Hat drei Aspekte: Vorlagen elektronisch einbringen, Drucksachen elektronisch verteilen und E-Norm. Das ist ein ausschließlich elektronischer Gesetzentwurf. Das Projekt des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) wird auch im Bundestag erprobt.

Gemeinsame Geschäftsordnung

Die GGO der Bundesministerien ist eine Verwaltungsvorschrift; sie regelt Organisation und Zusammenarbeit der Bundesministerien und enthält Vorgaben für GFA (siehe unten).

Gesetzesfolgenabschätzung

Mit der GFA soll ermittelt werden, welche wesentlichen Auswirkungen ein Gesetz hat. Dazu gehören die beabsichtigten Wirkungen, aber auch unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Die GFA läuft vor dem Erlass, parallel dazu oder nach dem Erlass eines Gesetzes (prospektive, begleitende, retrospektive GFA).

Normenkontrollrat

Er ist Bestandteil der GFA und unterstützt seit 2006 als unabhängiges Gremium die Bundesregierung. Der NK prüft Gesetzentwürfe und Gesetze mit Blick auf Bürokratiekosten. Grundlage ist das Standardkosten-Modell (siehe unten).

Rechtsbereinigung

Nach einem Konzept des BMJ durchforsten alle Ministerien permanent den Normbestand und heben überholte oder überflüssige Gesetze auf. Zurzeit ist das zwölfte Rechtsbereinigungsgesetz in den Beratungen; es soll über hundert Gesetze und Verordnungen aufheben.

Rechtsförmlichkeitsprüfung

Ist schwerpunktmäßig Sache des BMJ, wird aber auch im Bundestag gemacht. Geprüft wird etwa, ob sich das Gesetz in die Rechtsordnung einfügt und ob es verfassungsgemäß ist. Details enthält das "Handbuch der Rechtsförmlichkeit".

Redaktionsstab

Im BMJ arbeiten Sprachwissenschaftler zusammen mit einer mindestens sechsköpfigen externen Sprachberatungsgruppe. Sie sollen vor allem darauf achten, dass Gesetze verständlich sind.

Staatssekretärsausschuss

"Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung". Koordiniert seit drei Jahren ebenjene Vorhaben der Regierung.

Standardkosten-Modell

Ein Instrument, mit dem Bürokratiekosten berechnet werden können. Es stammt aus den Niederlanden, entwickelt Anfang der 1990er Jahre.

Die Sportpolitik hat durch die Arbeit des Sportausschusses des Deutschen Bundestages einen größeren Stellenwert bekommen.

Weltweit dürfte die Existenz eines parlamentarischen Ausschusses für Sport beinahe einzigartig sein, denn noch zu oft wird der Sport lediglich als nachgeordneter Bestandteil der Kultur- oder der Schulpolitik verstanden. Lange Zeit wurde der Sportausschuss in seiner Legislativfunktion im Vergleich zur Regierungsarbeit leider unterbewertet.

Heute können wohlwollende Beobachter oder auch kritische Begleiter von Politik und Sport feststellen, dass die Mitglieder des Sportausschusses an ihrer parlamentarischen Aufgabe wachsen. So basiert die staatliche Finanzierung von Nationaler Anti-Doping-Agentur (Nada) und Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) auf Beschlüssen und Entscheidungen der Sportparlamentarier. Die Einrichtung eines Fonds für DDR-Dopingopfer im Jahr 2002 gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Initiativen des Ausschusses, die von einer breiten Mehrheit aller politischen Kräfte getragen wurden. Und auch der autonome Sport hat mittlerweile festgestellt, dass der Sportausschuss des Deutschen Bundestages ein wichtiger, aber auch kritischer Partner für die Sportentwicklung in Deutschland ist. Im sportlichen Miteinander finden Völkerverständigung und Kulturaustausch statt. Dieses Potenzial muss international viel stärker genutzt werden. Uno und EU müssen sich der Möglichkeiten des Sports endlich bewusst werden.