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Wahlkampf ohne Überraschungen

Sachsen Eine Mehrheit für Schwarz-Gelb scheint sicher. SPD hofft auf zweistelliges Ergebnis

20.08.2009
2023-08-30T11:24:05.7200Z
4 Min

Einen Stimmenverlust von fast 16 Prozentpunkten verkraftet nicht jede Partei. Sachsens CDU war es hingegen trotz des gewaltigen Absturzes bei der Landtagswahl 2004 auf 41,1 Prozent gelungen, in der Regierung zu bleiben. Auch fünf Jahre später gilt es als sicher, dass die CDU am Ruder bleibt - die Frage ist nur, wer mitsteuern darf. Zwar gibt Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) für die Landtagswahl am 30. August als Ziel die Rückeroberung der alleinigen Unionsmehrheit im Landtag aus. Allerdings unterbot die CDU in Umfragen zuletzt gar die 40-Prozent-Marke - weit weg von ihren Ergebnissen unter "König Kurt" Biedenkopf, der 1999 noch 56,9 Prozent holte.

Tillich, der erste sächsische Regierungschef mit ostdeutscher Herkunft seit 1990, stand schon wenige Monate nach seiner Amtsübernahme im Mai 2008 in der Kritik. Ihm wurde vorgeworfen, nach der Wende in mehreren Lebensläufen seinen DDR-Posten als für Handel und Versorgung zuständiger stellvertretender Vorsitzender des Rates des Kreises Kamenz nicht ausdrücklich erwähnt zu haben. Parteiinternen Krach hat die Tillich-Debatte indes nur der SPD beschert, als ihr - aus Niedersachsen stammender - Abgeordneter Karl Nolle ein Buch über Sachsens "CDU-Blockflöten" veröffentlichte.

Keinen Kurswechsel

Plakatiert wird Tillich jedenfalls landesweit als "Der Sachse" - vehement unterstützt vom immer noch populären Biedenkopf. Der 79-Jährige war es auch, der dem damaligen Europa-Abgeordneten Tillich 1999 als Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten den Weg in die Landespolitik ebnete.

Zu seinem Amtsantritt versprach Tillich, den Kurs seiner Amtsvorgänger Biedenkopf und Georg Milbradt (CDU) beizubehalten. Tatsächlich setzte sich Tillich inhaltlich nur in einem wesentlichen Punkt von Milbradt ab, der nach dem Debakel bei der Sächsischen Landesbank zurückgetreten war: Er lehnt Gebühren für das Erststudium im Freistaat ab.

Daran nicht so richtig glauben mag Sachsens SPD. Sie warnt im Wahlkampf eindringlich vor einem CDU/FDP-Bündnis. Ein solches brächte "Niedriglöhne", "Studiengebühren" und "Tatenlosigkeit" gegen Rechtsextremismus.

Dem SPD-Spitzenkandidaten, Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Jurk nützt wohl auch ein klares Stimmen-Plus nichts, zumindest, falls es trotzdem für Schwarz-Gelb reicht. Ob der 47-Jährige dann als vorheriger Spitzenvertreter der schwarz-roten Koalition der richtige Mann als Chef einer oppositionellen SPD-Fraktion wäre, ist fraglich. Schon 2004 führte er die SPD in die Wahl und fuhr das bis heute bundesweit schlechteste SPD-Ergebnis ein. Mit 9,8 Prozent verfehlte die Partei - erstmals in der Geschichte der Landtagswahlen in der Bundesrepublik - sogar die Zweistelligkeit.

Doch anders als 2004 könnte es diesmal für das von der Union eindeutig bevorzugte Bündnis mit der FDP reichen. Zuletzt sagten alle Meinungsumfragen für Schwarz-Gelb eine deutliche Mehrheit voraus. Während die CDU zuletzt bei 39 Prozent und die FDP bei 12 Prozent lagen, stand die SPD bei 15 Prozent.

Die Linke scheint derweil gute Chancen zu haben, zweitstärkste politische Kraft zu bleiben. Nach den 23,6 Prozent, die sie 2004 noch als PDS mit Spitzenkandidat Peter Porsch bekam, hat dessen Nachfolger André Hahn als Ziel 25 Prozent ausgegeben. Verfehlt er es, drohen dem 46-Jährigen Konflikte mit dem als "Jugendbrigade" bezeichneten Parteiflügel um die 15 Jahre jüngere Bundesvize Katja Kipping. Eine wirkliche Regierungsoption hat Hahn freilich nicht. Selbst zusammen mit Grünen und SPD ergeben Meinungsumfragen nur 40 Prozent.

Sachsens FDP hat sich derweil schon lange auf die CDU als einzigen möglichen Regierungspartner festgelegt. War ihr unter Führung des Werbeagenturchefs Holger Zastrow 2004 mit 5,9 Prozent die Rückkehr in den Landtag geglückt, so strebt sie jetzt offensiv die Zweistelligkeit an. Von den zunächst dominierenden Vorbehalten auf CDU-Seite gegenüber den unionsintern zuweilen immer noch als "nicht politikfähig" bezeichneten FDP-Vertretern im Landtag war im Verlauf der Legislaturperiode immer seltener zu hören.

Dagegen kann das zwischenzeitlich geäußerte Interesse der CDU-Spitze an einem Bündnis mit den Grünen getrost als Wahlkampfmanöver abgetan werden. Deren Fraktionschefin und Spitzenkandidatin Antje Hermenau, die mit Zastrow nur das 2004er Erfolgserlebnis des Wiedereinzugs ihrer Partei in den Landtag nach zehnjähriger Abstinenz teilt, gibt sich sicher, dass die Grünen drin bleiben.

Umgang mit der NPD

Ebenfalls drin bleiben würde nach den jüngsten Umfragen die NPD. Zuletzt war es der im Verlauf der Legislaturperiode um vier auf acht Abgeordnete geschrumpften Fraktion immer seltener gelungen, im Landtag durch Eklats auf sich aufmerksam zu machen. Allerdings scheiden sich beim Thema NPD immer noch die Geister zwischen SPD, Grünen und Linken einerseits und der CDU andererseits. Während etwa Biedenkopf zu Gelassenheit rät, warnt die Gegenseite vor Verharmlosung. Die FDP nimmt sich eher zurück - mit Ausnahme ihres rechts- und innenpolitischen Sprechers Jürgen Martens. Dieser musste des Öfteren bei heiklen Themen im Plenum direkt nach einem NPD-Vertreter ans Pult - immer "bei den herausragenden Hassthemen der NPD gefragt: Ausländer, Asyl, Europa", sagte der Rechtsanwalt aus Meerane. Der Lohn für seine dabei gezeigte Schlagfertigkeit könnte nun ein Ministeramt sein.