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Suche nach einer Strategie

AUSWÄRTIGES Etat von 3,18 Milliarden Euro vorgesehen. Mehrheit gegen schnellen Abzug aus Afghanistan

25.01.2010
2023-08-30T11:25:45.7200Z
3 Min

Erst 16 Monate ist es her, dass der Haushalt 2009 für das Auswärtige Amt beraten wurde. Und doch scheint unendlich viel Zeit vergangen zu sein. Der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier, versehen mit der Aura des Außenministers, beleuchtete damals Fragen globalen Charakters, in Ton und Duktus zurückgenommen. Ganz anders trat Guido Westerwelle (FDP) auf. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, der damals stärksten Oppositionsfraktion, blies zur Attacke, ließ keine Gelegenheit aus, der Regierung die Leviten zu lesen. Am 20. Januar gab es nun einen Rollentausch: Steinmeier, mittlerweile SPD-Fraktionschef, ging in die Offensive und konfrontierte die christlich-liberale Regierung mit ihren vermeintlichen Schwächen. Und Westerwelle? Gab ganz den Außenminister.

Breiter politischer Ansatz

Mit Blick auf die für den 28. Januar geplante Afghanistan-Konferenz in London und die geplante Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu, forderte Westerwelle, dass diese Tagung einen "breiten politischen Ansatz" haben müsse. Sie dürfe keinesfalls eine "Truppenstellerkonferenz" werden. Die Reihenfolge müsse sein: erst Strategie, dann die Instrumente. Und erst danach die Frage der Truppen und des militärischen Schutzes. Der Außenminister betonte aber - ebenso wie der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff - dass die deutschen Truppen jetzt nicht "kopflos" aus dem Land am Hindukusch abziehen dürften. Wer so handele, der ließe "Millionen Menschen im Stich und schickt viele von ihnen in den sicheren Tod durch Taliban-Henker". Schockenhoff betonte außerdem, in Afghanistan gelte es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, "dass im Laufe der nächsten zwei bis drei Jahre mit der Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte" und dem Abzug der ersten Bundeswehrsoldaten begonnen werden könne. Das Land dürfe aber nicht erneut zur "Basis von Terrornetzwerken" werden. Es müsse jetzt auch darum gehen, die Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten zu beschleunigen.

Der Sozialdemokrat Rolf Mützenich betonte in der Debatte ausdrücklich, dass auch die größte Oppositionsfraktion Verantwortung für den Einsatz in Afghanistan übernehme. Diese sei jedoch nicht bedingunglos. Er kündigte an, dass die SPD in den nächsten Tagen Kriterien vorlegen und zur Diskussion stellen wolle. Mützenich nahm außerdem die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, die sich kritisch zum Einsatz in Afghanistan geäußert hatte, in Schutz: Die Bundestagsabgeordneten sollten sich nicht darüber beklagen, sondern diese "kritische Diskussion" mit führen.

Michael Leutert (Die Linke) resümierte, die schwarz-gelbe Regierung argumentiere "de facto in der Logik militärischer Außenpolitik". Das könne man in dem vorgelegten Haushalt nachlesen. Aus diesem Grund werde seine Fraktion den Etatentwurf ablehnen. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass es die Regierung wenige Tage vor der Afghanistan-Konferenz in London versäumt habe, eine "klare Strategie" zu entwickeln. Er forderte unter anderem einen verbindlichen Abzugsplan.

Mittel für Sicherheitskräfte

In den Haushalt des Auswärtigen Amtes hat die Bundesregierung insgesamt fast 151 Millionen Euro für Afghanistan eingestellt. 90,7 Millionen Euro sind für Leistungen im Rahmen des Stabilitätspaktes für das Land vorgesehen. Zur Unterstützung des Aufbaus einheimischer Sicherheitskräfte durch die Nato sollen weitere 50 Millionen Euro fließen. Desweiteren soll ein Beitrag an die Vereinten Nationen von rund 633,24 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Für den UN-Haushalt sind 159,84 Millionen Euro ausgewiesen. Die drei UN-Missionen mit dem größten Ausgaben liegen jedoch nicht in Afghanistan, sondern alle in Afrika: Momuc (Kongo) mit 86,28 Millionen Euro; Mincurat (Tschad/Zentralafrikanische Republik) mit fast 80,12 Millionen Euro und Unmis im Sudan mit mehr als 54,23 Millionen Euro.

Für das Goethe-Institut (Betrieb und operative Mittel) hat die Regierung 210,7 Millionen Euro (2009: 208,77 Millionen Euro) bereitgestellt. Für Beiträge an internationale Organisationen und Einrichtungen sollen fast 147,37 Millionen Euro (150,64 Millionen Euro) fließen.

Hervorzuheben sind der Beitrag an den Europarat mit 32,98 Millionen Euro, an den Nato-Zivilhaushalt mit 32,07 Millionen Euro und an die OSZE mit 18,26 Millionen Euro. Unter dem Kapitel "Vertretung des Bundes im Ausland" sind die größten Brocken die Personalkosten: 271,51 Millionen Euro sind für die Beamten und 108,81 Millionen Euro für die Angestellten vorgesehen. An das Auswärtige Amt in Berlin sollen 237,38 Millionen Euro (255,53 Millionen Euro) gehen.

Für Auslandsdienstlehrkräfte und Programmlehrkräfte sollen 130,39 Millionen Euro (2009: 124,69 Millionen Euro) aufgewendet werden. Um deutsche Kriegsgräber im Ausland zu erhalten, sind außerdem 8,7 Millionen Euro (2009: 8,1 Millionen Euro) vorgesehen. Dies betrifft auch Personen, die infolge nationalsozialistischer Verfolgung ausgewandert und im Ausland verstorben sind.