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Kurz rezensiert : Angelesen

25.01.2010
2023-08-30T11:25:45.7200Z
3 Min

Am 11. Januar starb im Ater von 100 Jahren die Holländerin Miep Gies. Ihr Name ist auf alle Zeiten mit dem Namen von Anne Frank, deren Tagebuch bis heute Millionen Menschen weltweit gelesen haben, verbunden. Miep Gies half im Jahr 1942 die deutsch-jüdische Familie Frank und deren Freunde in einem Amsterdamer Hinterhaus vor dem Zugriff der Nazis zu retten. In den folgenden zwei Jahren versorgte sie die versteckten Menschen regelmäßig mit Essen und stand ihnen zur Seite. Nachdem das Versteck am 4. August 1944 aufgeflogen und die Franks verhaftet worden waren, fand sie das Tagebuch der 15-jährigen Anne und verwahrte es. Nach dem Zweiten Weltkrieg übergab sie das Tagebuch Annes Vater Otto Frank, der als einziger der Familie den Holocaust überlebt hatte.

Im vergangenen Jahr erschienen die erstmals 1987 veröffentlichten Erinnerungen von Miep Gies anlässlich ihres 100. Geburtstags erneut in einer Taschenbuch-Ausgabe. Eine Geschichte "von ganz gewöhnlichen Menschen in außergewöhnlich dunklen Zeiten", wie sie schrieb.

Miep Gies:

Meine Zeit mit Anne Frank.

Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 2009; 255 S., 9,95 €

Die Geschichte lässt die Schweiz nicht los, meint der Zürcher Jurist Stefan Schürer mit leisem Bedauern. Die medienwirksamen Debatten über die sogenannten "nachrichtenlosen Vermögen" in den Schweizer Banken und die Flüchtlingspolitik der Eidgenossen während des Zweiten Weltkriegs hatten dazu geführt, dass die Schatten der Vergangenheit auch die Schweiz einholten. Die Praxis des scheinbar heilbaren Vergessens und Verdrängens mobilisierte die Opfer. Die Folge war eine "Verrechtlichung der Vergangenheit": Die historische Auseinandersetzung habe sich von der gesellschaftlichen Sphäre in Parlamente und Gerichte verlagert, schreibt Stefan Schürer. Um der historischen Gerechtigkeit willen intervenierten Staat und Gerichte selbst in der Eidgenossenschaft immer öfter.

In einer gründlichen wissenschaftlichen Studie versucht der Autor die Kopplung von Geschichte und Recht nachzuweisen, um so das Verhältnis von Verfassung und historischer Gerechtigkeit aufzuarbeiten. Die Thesen des Schweizer Juristen, dass sich der Staat nicht zu einer "historischen Erziehungsanstalt" entwickeln sollte und dass die Darstellung der Vergangenheit keines Schutzes bedürfe, vermögen jedoch nicht zu überzeugen.

Stefan Schürer:

Die Verfassung im Zeichen historischer Gerechtigkeit.

Chronos Verlag, Zürich 2009; 469 S., 42 €

Mit dem neunten Band aus der Reihe "Der Ort des Terrors" schließen Wolfgang Benz und Barbara Distel ihre viel gelobte Gesamtdarstellung zur "Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager" ab. Nachdem der erste Band Überblicksdarstellungen zu Organisation und Strukturen der Konzentrationslager bot, stellten die folgenden Bände zwei bis acht sämtliche Konzentrationslager samt ihrer Außenlager in der Reihenfolge ihrer Entstehung dar. Der neunte Band widmet sich nun unterschiedlichen Lagertypen, die zwar nicht als Konzentrationslager im eigentlichen Sinne gelten, die sich aber hinsichtlich der Haftbedingungen, der Organisation und Bewachung kaum von einem KZ unterschieden.

Der erste Teil des Bands liefert einen exemplarischen Überblick über die unterschiedlichen Lagertypen, die unter Bezeichnungen wie Arbeitserziehungslager, Zwangsarbeiterlager, Jugendschutzlager, Sonderlager, Zigeunerlager und Ghettos errichtet wurden. Der zweite Teil bietet einen Überblick über die regionale Verteilung dieser Lager in verschiedenen Ländern Europas unter NS-Herrschaft. Der dritte Teil beschäftigt sich mit ausgewählten einzelnen Lagern, die keinem dieser Lagertypen zuzuordnen sind.

Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hg.):

Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentra-tionslager. Band 9.

Verlag C.H. Beck, München 2009; 656 S., 59,50 €