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Aufrecht oder aufmüpfig?

HessEn Landesparlament setzt Untersuchungsausschuss zur Steuerfahnderpensionierung ein

01.02.2010
2023-08-30T11:25:46.7200Z
2 Min

Ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags wird sich mit der frühzeitigen Pensionierung von vier früheren Frankfurter Steuerfahndern beschäftigen. Die Abgeordneten aller Fraktionen stimmten am 28. Januar für die von der Opposition geforderte Einsetzung des Gremiums. Die Beamten waren nach umstrittenen Gutachten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand vesetzt worden. Der Ausschuss soll klären, ob sie gezielt aus dem Dienst gedrängt wurden, nachdem sie die aus ihrer Sicht unzureichende Verfolgung von Steuerflüchtlingen kritisiert hatten. Dabei soll auch die Rolle von Ministerpräsdient Roland Koch und Finanzminister Karheinz Weimar (beide CDU) beleuchtet werden.

Anweisung des Vorstehers

Aus Sicht der SPD-Fraktion wurden die Beamten "drangsaliert, gemobbt und kaltgestellt", sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Norbert Schmitt im Plenum. "Es gibt keinen Skandal", hielt Koch dagegen. Die vier hätten offenbar irgendwann "die Bodenhaftung verloren", und seien zu loyalem Verhalten nicht mehr in der Lage gewesen.

Die Christdemokraten sind sich sicher, dass der Ausschuss das "sachgerechte Vorgehen der Finanzverwaltung" beweisen werde. Bereits der erste Untersuchungsausschuss zum Thema Steuerfahnder habe 2006 widerlegt, dass in Hessen reiche Steuersünder verschont worden seien.

Rückblende: Im Sommer 2001 erhalten die Steuerfahnder des Finanzamts Frankfurt am Main V, die in Strafverfahren gegen Banken eingesetzt sind, eine Anweisung ihres Finanzamtsvorstehers Jürgen Schneider-Ludorff: Ein Anfangsverdacht sei in der Regel nur dann zu bejahen, wenn ein Transfervolumen von 500.000 Mark oder ein Einzeltransfer von 300.000 Mark vorliege. Die Fahnder fühlen sich ausgebremst. Sie fürchten zudem, dass sie sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig machen könnten.

In der Folgezeit werden rund ein Dutzend Beamte größtenteils gegen ihren Willen umgesetzt oder abgeordnet. Sie beklagen sich über falsche Verdächtigungen und "rechtswidrige dienstrechtliche Verfolgungen". Rudolf Schmenger, der heute als Steuerberater arbeitet, ist einer von ihnen. In vier Briefen, gerichtet unter anderem an Koch und Weimar, macht er auf sich aufmerksam. Im Juni 2005 schildert er seinen Fall zudem ausführlich in einer Petition an den hessischen Landtag.

Die Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz, berichtet Schmengers Anwalt Otto Jäckel auf Anfrage dieser Zeitung, habe auf die Gesundheit seines Mandanten geschlagen. 2006 wird er zum Amtsarzt, einem Psychiater, geschickt. Er erklärt den einst erfolgreichen Fahnder für paranoid-querulatorisch und dauerhaft dienstunfähig. Drei von Schmengers Kollegen werden mit einer ähnlichen Diagnose ebenfalls in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.

Berufungsverfahren

Jäckel verweist darauf, dass Schmenger ein Jahr nach der umstrittenen Diagnose von der Steuerberaterkammer als "voll dienstfähig" eingestuft worden sei. Im November 2009 verurteilt das Berufsgericht für Heilberufe in Gießen den für die Gutachten verantwortlichen Arzt zu einer Geldbuße von 12.000 Euro, weil die Expertisen nicht "entsprechend den fachlichen Anforderungen" erstellt worden seien. Unterdessen hat Finanzminister Weimar den vier früheren Steuerfahndern angeboten, einen Antrag auf Reaktivierung zu stellen. Sie lehnten ab.

In den vergangenen Monaten sah sich die Opposition im Landtag trotz zahlreicher Stellungnahmen Weimars unzureichend informiert, weshalb sie auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses drängte. FDP-Fraktionschef Florian Rentsch sagte im Plenum, SPD, Grüne und Linke seien lediglich an "Klamauk" interessiert.