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Streit um den Schleier

FRANKREICH Regierung prüft gesetzliches Verbot von Burkas in öffentlichen Einrichtungen

15.02.2010
2023-08-30T11:25:47.7200Z
2 Min

In Frankreich soll das Tragen der Burka in öffentlichen Einrichtungen wie Behörden, Krankenhäusern und Bahnen per Gesetz verboten werden. Das empfiehlt die parteiübergreifende Parlamentskommission, die sich sechs Monate mit dem muslimischen Ganzkörperschleier befasst hat. Premierminister Francois Fillon lässt nun vom höchsten Verwaltungsgericht prüfen, wie weit ein gesetzliches Burka-Verbot gehen kann. Entscheiden will die konservative Regierung erst nach den Regionalwahlen im März.

Der Ausschuss der Nationalversammlung, der seinen Bericht am 26. Januar vorlegte, empfiehlt zunächst für das Frühjahr eine rechtlich unverbindliche Parlamentsresolution. "Ganz Frankreich sagt Nein zur Vollverschleierung", heißt es im Resolutionsvorschlag. Die Burka widerspreche "den Werten der Republik". Weiter plädiert der Ausschuss dafür, per Gesetz das Verhüllen des Gesichts in öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln zu verbieten. Bei Zuwiderhandeln sollen Dienstleistungen verweigert werden. Burka-Trägerinnen könnten dann beispielsweise auf dem Sozialamt keine Anträge stellen, sich in staatlichen Krankenhäusern nicht behandeln lassen und keinen öffentlichen Bus mehr benutzen.

Knappe Mehrheit

Die Verabschiedung des Kommissionsberichts war bis zuletzt ungewiss und erfolgte mit nur einer Stimme Mehrheit. Vor allem Abgeordnete der konservativen Präsidentenpartei UMP wollen ein weiterreichendes Gesetz, um die Burka generell in der Öffentlichkeit zu verbieten. UMP-Fraktionschef Jean-Francois Copé bekräftigte diese Forderung am 26. Januar mit der Vorlage eines entsprechenden Gesetzesvorschlags, der auch Bußgelder vorsieht. Auch der Vorsitzende des Ausschusses, der kommunistische Abgeordnete André Gerin, der die Burka als "wandelndes Gefängnis" bezeichnet und die Diskussion im Juni 2009 lanciert hatte, befürwortet ein generelles Verbot der Vollverschleierung.

Die Sozialisten boykottierten die Abstimmung über den Kommissionsbericht aus Protest gegen die von der Regierung organisierte landesweite Debatte über "nationale Identität", die das politische Klima vor den Regionalwahlen stark aufgeheizt hat. Der Resolution würden sie nur zustimmen, wenn die Regierung diese Debatte stoppe, sagte der sozialistische Fraktionschef Jean-Marc Ayrault. Er selber hält ein Burka-Verbot per Verordnung für ausreichend. Die Sozialisten sind gespalten in Befürworter eines totalen Burka-Verbots und Kritiker eines "stigmatisierenden" Gesetzes, das ein "marginales" Phänomen betreffe. In Frankreich tragen nach Angaben des Innenministeriums lediglich 1.900 Frauen den Ganzkörperschleier.

Premierminister Fillon erklärte, das Burka-Verbot solle "so umfassend und so wirksam wie möglich" gestaltet werden. Die Vollverschleierung muslimischer Frauen widerspreche dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau und "unserer Auffassung von der Menschenwürde".

Unterdessen verweigerte die Regierung einem muslimischen Mann die Staatsbürgerschaft, weil er seine Frau zum Tragen des Ganzkörperschleiers zwingt. Der Mann sei ein "radikaler Geistlicher", lehne die Gleichstellung von Männern und Frauen ab und weigere sich, Frauen die Hand zu geben, begründete Fillon die Entscheidung am 3. Februar. Solche Menschen hätten "keinen Platz in unserem Land".

65 Prozent der Franzosen befürworten laut einer Umfrage ein Gesetz zum generellen Verbot des Burka-Tragens in der Öffentlichkeit. In den staatlichen Schulen Frankreichs ist das Tragen auffälliger religöser Zeichen bereits seit 2004 verboten.