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Arbeitslos nach Maultaschen-Klau

KÜNDIGUNGSSCHUTZ SPD und Linke wollen Schutz vor Entlassungen nach Bagatelldelikten

15.02.2010
2023-08-30T11:25:47.7200Z
2 Min

Es geht um gebratene Fische und um Fischbrötchen. Es geht um Frischkäse, Schnittkäse und Frikadellen, und immer wieder um Maultaschen. Bei der ersten Lesung zweier Gesetzentwürfe von SPD (17/648) und Linksfraktion (17/649) am 10. Februar wird viel über Speisen gesprochen. Doch geht es im Plenarsaal des Bundestages nicht um Genuss, sondern um Gesetzesverstöße und Kündigungen.

Strenges Arbeitsrecht

Hintergrund der Debatte und der Gesetzentwürfe waren sich häufende Fälle, in denen Arbeitnehmer Essbares oder geringwertige Güter entwendet hatten und von ihrem Arbeitgeber deshalb vor die Tür gesetzt wurden. "Das Arbeitsrecht ist streng", sagte Anette Kramme (SPD), "Centbeträge können ausreichen, um die Kündigung eines Arbeitnehmers zu rechtfertigen."

Weil das nicht verhältnismäßig sei, will die SPD-Fraktion die Voraussetzungen für Kündigungen wegen Bagatelldelikten gesetzlich verengen und den Kündigungsschutz in diesen Fällen ausweiten. Bei Delikten "mit nur geringem wirtschaftlichen Schaden" solle beim ersten Mal "in der Regel nur eine Abmahnung ausgesprochen werden", heißt es in dem Gesetzentwurf. "Es muss das Prinzip der zweiten Chance gelten, so wie es im gesamten Arbeitsrecht und auch im Zivilrecht gilt", argumentierte Kramme, die bezweifelte, dass bei den Arbeitnehmern tatsächlich ein Unrechtsbewusstsein vorläge, wenn etwa "eine Bulette vom Buffet genommen wird".

Ähnlich argumentierte die Linksfraktion, die mit ihrem Gesetzentwurf Kündigungen aufgrund von Eigentums- und Vermögensdelikten des Arbeitnehmers, die sich auf geringwertige Gegenstände beziehen, ohne vorherige Mahnung unmöglich machen will. Zugleich sollen Kündigungen aufgrund des Verdachts einer Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer ausgeschlossen werden. Derzeit werde im Arbeitsrecht "mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagte Wolfgang Neskovic (Die Linke).

Union und FDP kritisierten beide Gesetzentwürfe. "Wir haben eine klare und nachvollziehbare Rechtslage", sagte Johannes Vogel (FDP), "die Würdigung des Einzelfalls" sei "sehr gut vor Gericht aufgehoben", wo eine Abwägung stattfinde. "Diebstahl bleibt Diebstahl, und Untreue bleibt Untreue", betonte Ulrich Lange (CSU), der zugleich bezweifelte, dass sich eine eindeutige Bagatellgrenze definieren ließe. Bündnis 90/Die Grünen halten Gesetzesänderungen dagegen für nötig, "uneingeschränkt" würden sie "die gesetzlich verankerte Abmahnung" bei Bagatelldelikten unterstützen, hob deren Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke hervor.