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Ran an den Banken-Kuchen

FINANZEN Die Institute sollen an den Kosten der Rettungmaßnahmen beteiligt werden

15.02.2010
2023-08-30T11:25:47.7200Z
4 Min

In den Börsensälen, den Spielcasinos der globalen Finanzakteure, herrscht längst wieder Hochbetrieb. Die Krise gerät in Vergessenheit, auch bei den deutschen Banken fallen wieder Milliardengewinne vorwiegend aus dem Investmenthandel an. Wer aber kommt nur für die Rettungspakete auf, die weltweit zur Stabilisierung des Finanzsektors geschnürt wurden? 480 Milliarden Euro, das sind 20 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, wurden als Hilfen oder Garantien allein vom deutschen Staat bereitgestellt. Die Linksfraktion fordert in einem Antrag (17/471) eine "Finanzkrisen-Verantwortungsgebühr", und auch andere Fraktionen denken darüber nach, wie der Staat ein großes Stück vom Banken-Kuchen mitbekommen kann.

Linksfraktionschef Gregor Gysi warf Bundeskanzlerin Angela Merkel am 10. Februar in der Debatte über den Antrag vor, alle Bürger über die Steuern für die Bankenrettung zahlen lassen zu wollen. "Das heißt, dass Hartz-IV-Empfangende, Lidl-Verkäuferinnen, Kfz-Schlosser et cetera all diese Schulden der Banken zurückbezahlen müssen. Unser Einverständnis bekommen sie dafür niemals", erklärte Gysi.

Krisengewinner

Die Banken spekulierten in aller Welt, "als ob es die ganze Krise nicht gegeben hätte". Die Regierung habe nicht die Kraft, auch nur eine einzige Regulierungsmaßnahme zu beschließen. Gysi wies darauf hin, dass Institute wie die Deutsche Bank, die keine Hilfen vom Staat bekommen haben, an der Krise verdient hätten. Der Staat habe sich dort für hohe Zinsen die Gelder für seine Rettungsaktionen leihen müssen. "Um die Banken zu retten, nehmen wir Kredite bei den Banken auf, damit wir ihnen Geld geben können, und dafür verlangen die dann von den Steuerzahlern Geld. Kommt Ihnen das nicht auch komisch vor?", fragte Gysi. Die Deutsche Bank, die 5 Milliarden Euro Gewinn gemacht hatte, habe von der Rettung der Hypo Real Estate (HRE) profitiert, weil ihr Geld bei einer HRE-Insolvenz verloren gewesen wäre.

Banken sollten daher vom Juli 2010 an eine "Finanzkrisen-Verantwortungsgebühr" in Höhe von 0,15 Prozent ihrer Verbindlichkeiten bezahlen, forderte die Linksfraktion in ihrem vom Bundestag an die Ausschüsse überwiesenen Antrag. Es müsse dafür gesorgt werden, dass die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise und Hauptnutznießer der staatlichen Rettungsprogramme für die Kosten der Bankenrettung aufkommen. Die Linksfraktion verweist auf Berechnungen der Deutschen Bundesbank, nach denen die Staatsverschuldung infolge der Stützungsmaßnahmen für die Banken im Jahr 2008 um 53,5 Milliarden Euro angestiegen sei.

Leo Dautzenberg (CDU/CSU) warf Gysi vor, ein ernstes Thema "in klassenkämpferischer Manier" zu begleiten. Die Union sei selbstverständlich dafür, den Finanzsektor angemessen an den Kosten zu beteiligen und denke auch darüber nach, über Instrumente und vielleicht über eine Abgabe "prophylaktisch für die Zukunft zu wirken". Der Antrag der Linken mit der kreativen Wortschöpfung "Finanzkrisen-Verantwortungsgebühr" erinnere ihn an "DDR-Verbalität", wo man für Engel die Bezeichnung "Jahresendzeitfiguren" gefunden hätte. Die Union wolle eine "harte Regulierung" und die Banken an den Kosten beteiligen. Der Steuerzahler dürfe nicht mehr von den Banken erpressbar sein, und daher müsse es ein spezielles Insolvenzrecht für Finanzinstitute geben. Bankenkritisch war auch Dautzenberg: Teile der Banken und Manager hätten immer noch nicht verstanden, was sie verursacht hätten.

Die SPD-Fraktion bezeichnete die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung zur Begrenzung von Bonus-Zahlungen an Banker als "zahnlosen Tiger". An die steuerliche Abzugsfähigkeit von Vorstandsbezügen traue sich die Regierung nicht heran. Gebraucht werde auch eine Finanztransaktionssteuer, verlangte Carsten Sieling (SPD). Die Koalition sei jedoch "als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet". Gerhard Schick (Grüne) verlangte, Voraussetzung für eine Beteiligung des Finanzsektors sei, dass offengelegt werde, welche Kosten entstanden seien und wer von den Rettungsmaßnahmen profitiert habe. "Es ist ein Unding, dass der deutsche Steuerzahler bis heute nicht genau weiß, was bei der Bankenrettung passiert", kritisierte Schick.

Problem Landesbanken

Die Linksfraktion habe die öffentlichen Banken in ihrem Antrag vergessen, wunderte sich Frank Schäffler (FDP). Für die Landesbanken seien allein 37 Milliarden Euro Steuergeld ausgegeben worden, und es habe 198 Milliarden Euro Garantien gegeben. Mit staatlicher Gewährleistung hätten die Landesbanken 300 Milliarden Euro Schulden aufgenommen, "und das fällt uns heute auf die Füße". Es müssten Lehren im Bereich der Regulierung gezogen werden. So müssten Verantwortung und Haftung im Bankenbereich wieder zusammenfallen. Schäffler kritisierte in diesem Zusammenhang auch die "Politik des billigen Geldes". Das Beispiel Griechenland zeige, wohin die Verschuldungspolitik führe. Die entscheidende Frage sei: "Wie kommen wir wieder zu stabilem Geld?" Man dürfe nicht "dem Alkoholiker noch eine Flasche Schnaps hinstellen", warnte Schäffler. Der Euro werde sonst aufgeweicht.

Für die deutschen Akteure im Finanz-Casino wurde inzwischen ein weiterer Roulette-Tisch wiedereröffnet. Die besonders spekulativen ungedeckten Leerverkäufe von Aktien sind wieder erlaubt. Die Regierung erklärte auf Fragen von Barbara Hendricks (SPD), die Aufhebung des Verbots sei "sachgerecht".