Piwik Webtracking Image

Mobil mit Hindernissen

BOLOGNA-PROZESS Die Zwischenbilanz der Studienreform fällt gemischt aus

08.03.2010
2023-08-30T11:25:50.7200Z
2 Min

Wenn sich in dieser Woche in Wien und Budapest die europäischen Bildungs- und Wissenschaftsminister zur Bologna-Jubiläumskonferenz treffen, ist das für Tankred Schipanski (CDU) allemal ein Grund zum Feiern. Auch wenn die ein oder andere "Feinsteuerung" zehn Jahre nach der Einführung noch nötig sei, weise die Studienreform den richtigen Weg, zeigte sich der CDU-Politiker am 4. März im Bundestag überzeugt. Der gemeinsame Antrag von CDU/CSU und FDP "Bologna-Prozess vollenden - Länder und Hochschulen weiter unterstützen"(17/905), über den die Parlamentarier debattierten, ziehe eine reale Zwischenbilanz mit einem "positiven Grundtenor". So ist in dem Antrag, der mit den Stimmen der Koalitionsfraktion angenommen wurde, zu lesen, dass der Bologna-Prozess eines der herausragenden gesamteuropäischen Projekte der Gegenwart sei, mittlerweile rund 80 Prozent aller Studiengänge in Deutschland auf die Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt seien und die Abbrecherquote an Universitäten von 24 auf 20 Prozent zurückgegangen sei.

Arbeit am Kernziel

Allerdings, heißt es weiter, solle die Bundesregierung "noch mehr als schon bisher die Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern" unterstützen. Dies sei das Kernziel der vor 10 Jahren begonnenen Reform. Gefördert werden sollten deshalb Austausch-, Studien- und Forschungsprogramme und die Internationalisierung der Hochschulen. Die Forderung, die Regierung solle dafür sorgen, dass die deutschen Erfahrungen mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses auf europäischer Ebene eingebracht werden, habe ihn erschreckt, sagte Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bei den schlechten Erfahrungen, die die Studierenden bei ihren Protesten aufgezeigt hätten, solle sich Deutschland besser an anderen Ländern orientieren und nicht umgekehrt. "Die Ziele der Studienreform sind weitgehend gut, nur die Umsetzung ist in Deutschland vielerorts schlecht." Er kritisierte zudem, dass die soziale Dimension der Reform in dem Antrag nicht berücksichtigt werde.

Swen Schulz von der SPD-Fraktion kritisierte die "ideenlosen, harmlosen und folgenlosen" Appelle an die Wirtschaft und die Länder. Er bemängelte, dass über den Antrag direkt abgestimmt wurde. "Das ist keine ernsthafte parlamentarische Arbeit, dass der Ausschuss nicht einmal darüber diskutiert", kommentierte der Sozialdemokrat.

Feilen an den Bafög-Sätzen

Der FDP-Politiker Martin Neumann verteidigte den Antrag, der "Bologna weiterentwickeln und die Gestaltungskraft der Hochschulen steigern soll". Wenn es auch Defizite gäbe, so wolle er das Positive hervorheben: "Bologna ist gut für die Studierenden, für Deutschland und auch für Europa." Verbessert werden solle in Zukunft die Mobilität der Studierenden und auch die Finanzierung des Studiums. In dem Antrag heißt es dazu, dass geprüft werden müsse, "ob Bezugsregelungen innerhalb des Bafög noch weiter an die Realitäten des Bologna-Studiums angepasst werden müssen".

Als radikalen Umbau des Hochschulsystems bezeichnete Nicole Gohlke (Die Linke) die Bologna-Studienreform, an der inzwischen 46 europäische Staaten mitwirken. Anders als Neumann, der von einer "weitgehend guten Arbeitsmarktakzeptanz der Bachelorabschlüsse" sprach, sagte Gohlke: "Der Bachelor bietet keine guten Berufschancen. Er ist eine billige und einseitige Qualifizierung." Selbstbestimmtes Lernen und eine kritische Forschung hätten im Stundenplan vieler Studierender keinen Platz mehr.