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Kurz rezensiert : Angelesen

22.03.2010
2023-08-30T11:25:51.7200Z
2 Min

Dass ausgerechnet der Politologe und Schriftsteller Alfred Grosser, einer der besten Kenner der deutsch-französischen Beziehungen, einmal ein kritisches Buch über Israel schreiben würde, stand nicht zu erwarten. Immerhin meldete sich der Träger des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland und des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels regelmäßig in der Debatte über die deutsch-jüdischen Beziehungen zu Wort. Dabei genügten die Zwischenrufe des heute 85-Jährigen nicht immer den Erfordernissen der "political correctness"- manchem waren sie sogar ein Ärgernis: Mal teilte Grosser die Meinung Martin Walsers über die "Moralkeule Holocaust", mal legte er sich mit dem streitlustigen Journalisten Henryk M. Broder an.

Auch wenn Grosser den Nahost-Konflikt zu oberflächlich darstellt, sollte er nicht als "jüdischer Selbsthasser" charakterisiert werden. Denn den Autor interessiert vor allem die Frage, wie die Tragödie, die Israelis und Palästinenser aneinander kettet, aufgelöst werden kann.

Alfred Grosser:

Von Auschwitz nach Jerusalem. Über Deutschland und Israel.

Rowohlt Verlag, Reinbek 2009; 204 S., 16,90 €

Der renommierte Historiker Walter Laqueur präsentiert in "Mein 20. Jahrhundert" nicht die üblichen Einblicke in seine Vita. Stattdessen hat er sich für eine Darstellung seiner Erfahrungen und einen Rückblick auf die Themen, die ihn sein Leben lang interessierten entschieden. Der Autor gesteht, dass er ein Kind seiner Zeit war und "mit Sicherheit stark von den Ideen der radikalen Linken beeinflusst" wurde. Derart persönliche Sätze findet man jedoch eher selten in seinem Buch.

Laqueurs Erinnerungen beeindrucken vor allem deshalb, weil er wie kein anderer generalisierend und zugleich wissenschaftlich exakt über den Kalten Krieg, die Fehler der Sowjetunion-Forschung, den Zionismus und Israel, den Stalinismus und den NS-Totalitarismus oder über die Entstehung des modernen Terrorismus schreiben kann. Auf Grund seiner herausragenden Kenntnisse, nachzulesen in seinem Lebenswerk, gehört Walter Laqueur zu den wichtigsten Chronisten des 20. Jahrhunderts.

Für uns Nachgeborene sind die Prognosen des weisen alten Mannes wenig ermutigend: "Macht euch keine allzu großen Hoffnungen für die absehbare Zukunft", lautet sein Rat.

Walter Laqueur:

Mein 20. Jahrhundert. Stationen eines politischen Lebens.

Propyläen Verlag. Berlin 2009; 352 S., 22,90 €