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Die richtige Linie finden

ANTIDISKRIMINIERUNG Opposition fordert Zustimmung zur EU-Gleichbehandlungsrichtlinie

26.04.2010
2023-08-30T11:25:53.7200Z
2 Min

Der Widerstand der Bundesregierung, die 5. Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union zu unterzeichnen, stößt bei SPD, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen auf Kritik. In der Bundestagsdebatte über einen Antrag der Grünen (17/1202) am vergangenen Donnerstag appellierten die Oppositionsfraktionen an die Regierung, den Weg für eine europäische Antidiskriminierungspolitik freizumachen.

Die Grünen fordern in ihrem Antrag von der Bundesregierung, die spanische EU-Präsidentschaft in ihrem Bemühen zu unterstützen, den Diskriminierungsschutz zu stärken. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Gleichbehandlung ungeachtet der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung dürfe nicht länger blockiert werden, mahnt die Fraktion.

Politische Bedeutung

In ihrer Begründung kritisiert sie, Deutschland wolle den Erlass der Richtlinie verhindern. Die Bundesregierung habe Zeitungsberichten zufolge der spanischen EU-Ratspräsidentschaft ein Veto angekündigt. Das würde angesichts des Einstimmigkeitserfordernisses die Verabschiedung der Richtlinie blockieren und die spanische Präsidentschaft "erheblich brüskieren". Die spanische Regierung habe immer wieder auf die "hohe politische Bedeutung" des Vorhabens hingewiesen. "Mit ihrem Verhalten sabotiert die Bundesregierung Regelungen in den anderen Mitgliedstaaten, die in Deutschland längst Gesetz sind", kritisierte der Grünen-Abgeordnete Jerzy Montag in der Debatte. Bisher würden für unterschiedliche Diskriminierungsmerkmale unterschiedliche Schutzstandards gelten. Deshalb sei eine Gleichbehandlungsrichtlinie für alle Merkmale der konsequentere Weg, mahnte der Grünen-Politiker.

»Schlag ins Gesicht«

Mit ihrem Veto stelle sich die Bundesrepublik gegen das "berechtigte Anliegen", in allen EU-Mitgliedstaaten einen einheitlichen Standard für wirksamen Antidiskriminierungsschutz zu schaffen, warf auch Christel Humme (SPD) der Bundesregierung vor: "Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland!" Die Regierung suggeriere, für den Schutz vor Diskriminierung sei bereits genug getan und alle weiteren Initiativen seien überflüssig: "Diese Botschaft, die Deutschland aussendet, ist verheerend und ein Schlag in das Gesicht aller diskriminierten Menschen!"

Ilja Seifert von der Fraktion Die Linke äußerte ebenfalls Unverständnis: Mit ihrem Blockadeverhalten zeige die Regierung, dass ihr eine "Kultur der Teilhabe und Antidiskriminierung" nicht wichtig sei. "Zur unternehmerischen Freiheit gehört keinesfalls das Recht, irgendjemanden diskriminierend zu behandeln", sagte Seifert.

Norbert Geis (CSU) konnte diese Kritik nicht nachvollziehen. Die EU habe bereits jetzt den weltweit fortschrittlichsten Rechtsrahmen zur Nichtdiskriminierung. "Das Schutzniveau geht in Deutschland und in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten sogar noch über die europäischen Vorgaben hinaus", stellte Geis fest. Deshalb sei es nicht nötig, sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich von den Standards der EU noch absetzen könne. Ungleich wichtiger sei es, den erreichten Stand zu konsolidieren. Neue Anforderungen, wie sie die Richtlinie vorsieht, würden neue Anpassungen notwendig machen und damit neue Unsicherheit bringen, war sich Geis sicher.

Akzeptanz in der Bevölkerung

Hart ins Gericht ging Florian Bernschneider von der FDP-Fraktion mit der EU-Richtlinie. Die Nähe zur Lebenswirklichkeit der Menschen entscheide über die Akzeptanz solcher Regelungen. Aber, so fügte er hinzu: "Mit dieser neuen, fünften, Richtlinie, die vor inhaltlichen Fehlern nur so strotzt, riskieren wir, diese Akzeptanz noch weiter zu verspielen."