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Lücken im Westen

Stasi-Unterlagen Marianne Birthler erstattet Bericht

10.05.2010
2023-08-30T11:25:55.7200Z
2 Min

Marianne Birthler war - zumindest mit diesen Zahlen - sichtlich zufrieden. Auf der Tagesordnung des Ausschusses für Kultur und Medien stand am vergangenen Mittwoch zwar der inzwischen über ein Jahr alte Neunte Tätigkeitsbericht ihrer Behörde (16/13020). Doch gekommen war die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR mit neueren Zahlen. "Seit fünf Jahren steigt das Interesse auf Akteneinsicht wieder an", verkündete Birthler. So habe es bis Ende vergangenen Jahres 102.000 Anträge auf Akteneinsicht gegeben, das seien 15.000 mehr als im Jahr 2008.

Über die Gründe dafür könne man zwar nur spekulieren, aber "das ist eine gute Entwicklung", urteilte die Behördenchefin. Die bisher gestellten insgesamt 1,7 Millionen Anträge auf persönliche Akteneinsicht "sind 1,7 Millionen Entscheidungen gegen das Schweigen und deshalb sind sie mehr als private, sondern vielmehr gesellschaftlich relevante Entscheidungen".

Weniger zufrieden äußerte sich Birthler allerdings in Bezug auf die personelle Ausstattung der Behörde. Denn dem steigenden Antragsvolumen stünde ein schwindender Personalbestand gegenüber. So sei der Mitarbeiterstab mit 1.600 Beschäftigten nur noch halb so groß wie 1993. "Die negative Folge daraus ist, dass wir die Bearbeitungsdauer von einem Jahr nicht halten können und viele Menschen zum Teil auch zwei Jahre auf Akteneinsicht warten müssen", sagte Birthler.

Unzufrieden zeigte sie sich auch im Hinblick auf den Bereich politische Bildung. Zwar spiele diese eine wichtige Rolle innerhalb der Arbeit der Behörde. "Besondere Sorge macht mir jedoch die politische Bildung im Westen", stellte Birthler fest. Denn dort würde die Infrastruktur fehlen, die es im Osten des Landes mit den Außenstellen der Behörde und den Gedenkstätten gebe.

Intensivere Aufarbeitung

Die CDU/CSU-Fraktion dankte der Behörde für deren Arbeit und stellte fest, dass sich die Aufarbeitung der Vergangenheit auf "einem guten Weg" befinde. Die SPD bezeichnete es als "erstaunlich", dass zwei Drittel der Anträge 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Erstanträge seien. "Das Interesse hält an und das ist gut so", hieß es aus der Fraktion. Die FDP betonte: "Es ist nicht in unserem Interesse, dass die Antragsfrist zwei Jahre beträgt." Aber vielleicht könne man dem durch "Umschichtungen" innerhalb der Behörde entgegenwirken. Die Fraktion Die Linke äußerte die Hoffnung, dass die Arbeit der Behörde künftig nicht mehr von "interessegeleiteten Nachrichten und interessegeleiteten Forderungen" dominiert werde. Bündnis 90/Die Grünen teilten die Sorge Marianne Birthlers über die Schwierigkeiten, dieses Kapitel der Geschichte in den westdeutschen Bundesländern ausreichend aufzuarbeiten. Für viele Westdeutsche sei dieses Kapitel so weit weg wie die Römische Geschichte. Deshalb müsse man die Aufarbeitung dort dringend intensivieren.