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Editorial : Es herrscht Eiszeit

VON BERNARD BODE

07.06.2010
2023-08-30T11:25:58.7200Z
2 Min

Am 26. März dieses Jahres zerstörte ein Torpedo das südkoreanische Kriegsschiff "Cheonan", das in den Grenzgewässern zwischen Nord- und Südkorea unterwegs war. Das Schiff sank; 46 Menschen starben. Als eine internationale Kommission Ende Mai feststellte, der Angriff sei vermutlich Nordkorea zuzuschreiben, folgte eine gegenseitige (verbale) Aufrüstung. Die Halbinsel steht damit - ziemlich genau 60 Jahre nach Beginn des Koreakrieges - wieder einmal im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Denn während es vor 20 Jahren in Europa gelang, Deutschland wiederzuvereinen, ist Korea nach wie vor geteilt.

Die Truppen Nordkoreas fielen 1950 im Süden ein und lösten damit den Koreakrieg aus. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte damals Nordkorea als Aggressor und beschloss, eine UN-Streitmacht nach Südkorea zu entsenden. Die Hauptlast trugen die USA. Nachdem Nordkoreas Armee bis weit nach Südkorea vorgestoßen war, drängten UN-Truppen das Land zurück. Im Juli 1951 begannen Waffenstillstandsverhandlungen, die nach mehr als zwei Jahren zum Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens führten.

Beides, die aktuelle Krise und den nordkoreanischen Angriff am 25. Juni 1950, nimmt "Das Parlament" zum Anlass, die koreanische Halbinsel in den Fokus dieser Themenausgabe zu rücken. Unsere Autoren nehmen dabei vor allem die Spannungen zwischen den beiden Staaten in den Blick. Im Interview bezeichnet etwa Hartmut Koschyk (CSU), jahrelang Vorsitzender der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe im Bundestag, den Untergang der "Cheonan" als eine "menschenverachtende Aggression" Nordkoreas. Deutschand stehe in engem Kontakt mit seinen Verbündeten, um auf diesen Vorfall "angemessen" reagieren zu können, sagte Koschyk. Nordkorea hat als einzigen Verbündeten die Volksrepublik China. Ein Pfund, mit dem das Land immer wieder zu wuchern versteht, ist der ziemlich sichere Besitz einer Atombombe. Das gibt dem Regime das Erpressungspotenzial, den politischen und wirtschaftlichen Druck auf China, ja, auf die gesamte Weltgemeinschaft zu erhöhen, um gehört zu werden.

Diese Ausgabe beschäftigt sich auch mit den Machthabern in Nordkorea: Kim Jong-il und seinem verstorbenen Vater Kim Il-sung, dem in Nordkorea als "gottgleichen Übervater" vergötterten Staatsgründer Nordkoreas. Ihm gelang es, die Sowjetunion und China gegeneinander auszuspielen, die Wirtschaft des Landes am Laufen zu halten und Nordkoreas Unabhängigkeit zu bewahren. Der andere, sein Sohn, hält derzeit die Bevölkerung eisern im Griff.

Südkorea vertraut dagegen auf die USA. Gemeinsame Manöver sind das Zeichen an den Norden, es nicht zu überziehen. Vorbei ist die Zeit der sogenannten "Sonnenschein"-Politik, als die Führer in die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang reisten, in der Hoffnung, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu verbessern. Zwischen beiden Koreas herrscht wieder Eiszeit.