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Gut leben mit und ohne Atomkraft

WIRTSCHAFT EU-Kommissar Oettinger will sich in den nationalen Energiemix nicht einmischen

21.06.2010
2023-08-30T11:25:59.7200Z
2 Min

Die Europäische Kommission wird den Mitgliedsländern im Rahmen ihrer durch den Lissabon-Vertrag neu erhaltenen Zuständigkeiten in der Energiepolitik keine Vorschriften für den jeweiligen nationalen Energiemix machen. Der Energiemix bleibe in der nationalen Zuständigkeit, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am vergangenen Montag im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. In Sachen Kernenergienutzung könne die EU sowohl mit der österreichischen als auch der französischen Lösung gut leben, versicherte Oettinger. Österreich ist aus der Atomenergie ausgestiegen, Frankreich erzeugt hingegen 90 Prozent seines Stroms mit Atomenergie.

Kritisch beurteilte Oettinger den Zustand der Energienetze in Europa. So bestehe keine ausreichende Infrastruktur, um vor den Küsten durch Windkraft erzeugten Strom zu zu transportieren. Zur Qualität der Netze sagte Oettinger, es würden derzeit nur 50 Prozent der für den Erhalt notwendigen Mittel investiert. Ziele wie Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Verbraucherschutz könnten nur mit einem europäischen Energienetz erreicht werden. Die Leitungen dürften nicht an den Grenzen haltmachen. Oettinger plädierte für einen Ausbau der Netze: "Wer für erneuerbare Energien ist, der muss die Kröte Leitungsnetz schlucken." Wer erneuerbare Energien befürworte, dürfe zusätzliche Leitungen nicht ablehnen.

Das von mehreren Unternehmen skizzierte Projekt "Desertec", mit dem Sonnenenergie in nordafrikanischen Wüstengebieten gewonnen werden soll, bezeichnete Oettinger als durchaus sinnvoll, aber es sei falsch entwickelt worden. Den Afrikanern sei es gar nicht vorgestellt worden. Das sei "Kolonialstil", kritisierte der Kommissar. Er bezeichnete Desertec als Mehrgenerationenprojekt, das allein schon wegen der Milliarden-Investitionen auf europäischer Ebene entwickelt werden müsse.

Die CDU/CSU-Fraktion begrüßte Oettingers Aussagen zur europäischen Energiepolitik. Europa werde nur dann als Mitspieler wahrgenommen, wenn es seine Interessen bündele. Die SPD-Fraktion kritisierte, dass es bei Energiethemen vorrangig um Wettbewerb gehe, während Versorgungssicherheit und Klimaschutz eine geringere Rolle spielten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangte, dass 150 Millionen Euro nicht verbrauchter Gelder für die Förderung der Energieeffizienz in Städten zur Verfügung gestellt werden. Die FDP forderte, Energieeffizienzziele dürften nicht zu Wachstumsbremsen werden. Die Linksfraktion fragte nach einer koordinierten europäischen Endlagerpolitik für Atomabfälle. Laut Oettinger will die EU den höchstmöglichen technologischen und geologischen Standard für Endlager. Atommüllexporte wolle er auf keinen Fall.