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ORTSTERMIN BEIM: USA-AUSTAUSCH DES BUNDESTAGES : »Und im Winter schlafen wir zwischen den Kühen«

23.08.2010
2023-08-30T11:26:02.7200Z
3 Min

Lina-Johanna Exner weiß, was sie will. Schon immer. In der vierten Klasse beschloss sie, als Austauschschülerin in die USA zu gehen. "Meine Eltern haben das damals nicht ganz ernst genommen. Aber ich wollte das unbedingt!", erinnert sich die heute 17-jährige Schülerin. Als sie mit 13 Jahren anfing, sich bei Schüleraustauschagenturen zu informieren und Prospekte zu sammeln, wussten auch ihre Eltern, dass sie es ernst meint. Doch es dauerte noch fast vier Jahre, bis Lina in den Flieger stieg, um ein Schuljahr in den USA zu verbringen - gefördert vom Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) des Bundestages.

Seit 1983 gibt es das Programm: 300 Jahre, nachdem deutsche Einwanderer erstmals in die Neue Welt auswanderten, riefen US-Kongress und Bundestag den Austausch ins Leben. Amerikanische und deutsche Schüler, junge Berufstätige und Auszubildende können mit dem Programm das Leben des jeweils anderen, fremden Landes kennenlernen.

Wobei "fremd" nicht immer stimmt. Lina hat sich schon immer für die USA begeistert. "Ich bin fasziniert von der anderen Mentalität", schwärmt sie. "Ich habe schon vor meinem Austausch alles aufgesogen, was ich über die Staaten in die Finger bekommen konnte."

Als sie 2008 zum ersten Mal vom PPP hört, bewirbt sie sich sofort. Die Voraussetzungen für eine Bewerbung erfüllt sie: Zu Beginn des Aufenthalts dürfen die Schüler nicht jünger als 15 und nicht älter als 17 Jahre alt sein; gute Schulleistungen, besonders in Englisch sowie ein Wohnsitz in Deutschland gehören außerdem dazu.

Überstanden werden musste aber auch das Auswahlverfahren. Lina reichte den Bewerbungsbogen ein und schaffte es in die nächste Runde zum Bewerbungsgespräch im Oktober 2008. Dann hieß es warten - bis Februar 2009. "Ich war immer optimistisch, dass es klappt", sagt Lina. Vorbereitet auf den Anruf war sie trotzdem nicht. "Hallo! Hier ist Petra Pau. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich Sie für das Parlamentarische Patenschaftsprogramm ausgewählt habe", erinnert sich Lina an den Anruf ihrer Wahlkreisabgeordneten für Berlin Mahrzahn-Hellersdorf. Die Abgeordneten entscheiden letztlich, welcher Bewerber aus ihrem Wahlkreis das Jahresstipendium bekommt, das Reisekosten und den Aufenthalt vor Ort abdeckt.

Im August 2009 flog Lina-Johanna dann nach Montana, in den nordwestlichen Bundesstaat der USA: Von der Fläche so groß wie Deutschland, aber verschwindend wenige Einwohner, fand nicht nur die junge Berlinerin: "Fünf Millionen Kühe, eine Million Menschen", sagen die Einwohner Montanas über ihren Bundesstaat, in dem für Lina ihr amerikanischer Traum wahr wurde. Den "School Spirit", den sie schon in Filmen und Fernsehserien immer mochte, hat sie an ihrer High School erlebt: "Die Schüler sind ihrer Schule sehr treu und engagieren sich auch sehr", erzählt Lina (linkes Bild: mit einer Freundin beim Schulabschluss, rechts: an der New Yorker Wall Street), die als Neue gleich den Abschlussball mitorganisieren durfte. "Das war genauso, wie ich es mir vorgestellt habe: Kleider, Anzüge, Limousinen - alles wird gemietet, an nichts gespart." Aber Lina erinnert sich nicht nur an das Drumherum gerne. Auch die Vielfalt der Fächer an ihrer High School hat sie fasziniert. Wie das Fach "Genozid": "Wir haben über den Holocaust und den Völkermord an den Armeniern gesprochen", sagt Lina. "Das war für mich als Deutsche sehr besonders."

Irritiert war Lina dagegen, einige gängige Vorurteile bestätigt zu finden: "Manche Mitschüler haben mich gefragt, ob wir in Deutschland Autos und Elektrizität haben", erzählt sie. "Mein Spruch war immer: Ja genau, und im Winter schlafen wir zwischen unseren Kühen, damit wir nicht so frieren."