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Kritischer Begleiter

LISSABON-VERTRAG Bundestag nutzt seine neuen Rechte

13.12.2010
2023-08-30T11:26:11.7200Z
2 Min

Der EU-Reformvertrag von Lissabon ist vor knapp einem Jahr in Kraft getreten. Seitdem beschäftigen auch den EU-Ausschuss des Bundestages viele Fragen und neuen Rechte, die sich aus dem Vertrag ergeben, darunter unter anderem die Sitzverteilung im Europäischen Parlament (EP). Der Lissabon-Vertrag legt fest, dass das EP statt bisher 736 künftig 751 Sitze haben soll. Deutschland ist das einzige Land, welches künftig drei Sitze weniger haben wird. Da jedoch alle derzeitigen 99 deutschen Mitglieder ihre Sitze bis zum Ende der Legislaturperiode behalten werden - sie wurden noch unter den Voraussetzungen des Vertrags von Nizza gewählt -, wird die Abgeordnetenanzahl vorübergehend auf 754 ansteigen. Das macht eine Änderung des Lissabon-Vertrags nötig. In Deutschland soll dafür Einvernehmen zwischen Bundestag und Regierung hergestellt werden - eine Regelung, die sich aus dem Gesetz über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union (17/13925) ergibt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung zur Anzahl der Sitze im EP (17/3357) steht am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages.

Island-Beitritt

Erstmals machte der Bundestag 2010 von seinem Recht Gebrauch, über die Aufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und möglichen Beitrittskandidaten abzustimmen - und zwar im Vorhinein. In diesem Jahr betraf das Island. Seit dem EU-Gipfel im Juni ist das nordeuropäische Land offizieller Beitrittskandidat. Die Voraussetzungen dafür wurden auch in Berlin geschaffen. Ende 2009 hatten alle Fraktionen Anträge vorgelegt, in denen sie jeweils gefordert hatten, die Verhandlungen mit Island zu beginnen und darüber Einvernehmen mit der Regierung herzustellen (Beschlussempfehlung des Europaausschusses vom April 2010, 17/1464).

Gescheiterte Rüge

Am 7. Oktober 2010 starteten die Koalitionsfraktionen mit einem Entschließungsantrag (17/3239) den Versuch einer so genannten Subsidiaritätsrüge. Die Initiative richtete sich an die EU-Kommission, die verlangt hatte, dass alle Banken in der EU ein gemeinsames Einlagensicherungssystem einführen sollten, um auf künftige Finanzkrisen besser reagieren zu können. Der Bundestag sah in dem Vorschlag den Subsidiaritätsgrundsatz verletzt, wonach die EU nur das regeln soll, was nationalstaatlich nicht befriedigend geregelt werden kann. Zwar ist die Rüge gescheitert, da sich nur Schweden und Dänemark angeschlossen haben und ein Drittel der 27 nationalen Parlamente eine solche Initiative unterstützen muss. Der EU-Ausschussvorsitzende Gunther Krichbaum (CDU) zieht dennoch ein positives Fazit: "Es zeigt sich, dass die Vorhaben aus Brüssel im Bundestag kritisch, aufmerksam und konstruktiv verfolgt werden."