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Datengruß aus Liechtenstein

Finanzen Koalition will die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung einschränken

20.12.2010
2023-08-30T11:26:12.7200Z
4 Min

Ganz so leicht sollen es Steuerhinterzieher in Zukunft nicht mehr haben. Die Koalition will die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung einschränken. Damit sollen Straftäter, die planvoll vorgehen, nicht mehr von einer Strafbefreiung profitieren. Dieses Ziel verfolgt ein von den Fraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachter Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (17/4182), der am vergangenen Donnerstag im Bundestag beraten wurde. Nach dem Entwurf sollen Steuerhinterzieher, die eine strafbefreiende Selbstanzeige "nur insoweit erstatten, wie sie eine Aufdeckung fürchten, nicht mehr mit Strafbefreiung belohnt werden".

Hintergrund der geplanten Gesetzesänderung ist die Flut von Selbstanzeigen, die der Ankauf einer CD mit Steuerdateien ausgelöst hatte. Dabei war den Steuerfahndern aufgefallen, dass sich die Anzeigen häufig ausschließlich auf das durch Medienveröffentlichungen bekannt gewordene Herkunftsland der Datenträger sowie auf die dort genannten Geldinstitute beschränkten. Im Fokus stand dabei vor allem die frühere Vaduzer LTG Treuhand in Liechtenstein. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, soll das Steuerstrafverfahren gegen das Unternehmen nach Zahlung der Rekordsumme von 50 Millionen Euro beendet werden.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen sieht vor, dass alle unbequemen Fakten auf den Tisch gehören: Künftig müsse eine Selbstanzeige alle Hinterziehungssachverhalte umfassen und dürfe sich nicht nur als sogenannte Teilselbstanzeige auf bestimmte Steuerquellen, zum Beispiel in bestimmten Ländern oder auf bestimmte Steuergestaltungen beziehen, heißt es dort.

"Strafbefreiung soll nur derjenige erwarten dürfen, der noch alle verfolgbaren Steuerhinterziehungen der Vergangenheit vollständig offenbart", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Ausnahme: "Unbewusste Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten" sollen nicht zum Ausschluss der Steuerfreiheit führen.

An Regelungen wie dieser stößt sich allerdings die Opposition, die im Zuge der Debatte im Bundestag der Koalition erneut vorwarf, Steuerhinterzieher zu milde zu behandeln. Die Koalitionsfraktionen verteidigten indes die Möglichkeit der Selbstanzeige als Rechtsinstrument, das sich in der Vergangenheit bewährt habe, da vor allem solche steuerliche Informationen, die zum Teil jahrzehntelang verheimlicht worden seien, nicht ohne Mithilfe der Beteiligten nicht aufgeklärt werden könnten.

In diesem Zusammenhang warf Manfred Kolbe (CDU/CSU) insbesondere der SPD vor, sie sei gegen eine Nachbesserung des Instrumentes der Selbstanzeige von Steuersündern und für die Totalabschaffung dieses Instruments, weil Sie keine eigenen Vorschläge habe. Die Aufrechterhaltung der Möglichkeit der Straffreiheit sei aber sinnvoll, da diese im Vergleich zum Einsatz von Ermittlern deutlich effektiver sei. Eine Totalabschaffung trage hingegen der Steuergerechtigkeit nicht Rechnung.

Goldene Brücke

In die gleiche Kerbe stieß Daniel Volk (FDP), der die frühere Bundesregierung attackierte. "Wir arbeiten noch immer die Versäumnisse von Rot-Grün auf", betonte er. Im Gegensatz zur jetzigen Koalition habe die damalige Regierung ein solches Instrument wie das der strafbefreienden Selbstanzeige nicht hinbekommen. Durch dieses werde eine goldene Brücke zurück in die Steuerehrlichkeit gebaut. Außerdem lehnte er die Einführung des aktuell diskutierten Strafzuschlags ab. "Strafen sind grundsätzlich durch Strafgerichte anzuordnen und nicht etwa durch die Finanzverwaltung", sagte er.

Hartmut Koschyk (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, lobte die vorgesehene Nachbesserung der bestehenden Regelung, da diese in ihrer jetzigen Form als "Spielzeug für Taktierer" ausgedient habe. In Zukunft sei nun eine "steuerliche Lebensbeichte" erforderlich.

Demgegenüber warf Barbara Höll (Die Linke) der Regierung vor, sie gehe mit dieser Regelung nur halbherzig gegen Steuerhinterzieher vor. "Sie zeigt nur, für wen Ihr Herz in Wirklichkeit schlägt: für diejenigen, die ihr Vermögen ins Ausland bringen." Diejenigen, die von der Möglichkeit der Selbstanzeige Gebrauch machten, seien nicht von schlechtem Gewissen geplagt, sondern wüssten ganz genau, dass "sie bald geschnappt werden könnten und dass sie, wenn sie sich jetzt selbst anzeigen, straffrei ausgehen werden."

Ebenso sah dies Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen). "Die Selbstanzeigen haben nichts mit Reue zu tun, sondern mit Taktik. Da ist der Ehrliche mal wieder der Dumme", kritisierte Schick. Zwar sei es richtig, künftig denjenigen, "die sich nur teilweise ehrlich machen", nicht mehr die Möglichkeit zu geben, von der Straffreiheit zu profitieren.

Gleichzeitig kritisierte Schick jedoch das Vorhaben der Regierung, eine Übergangsregelung für eben diese Fälle einzuführen. "Damit schaffen Sie einen Bestandschutz für Steuerhinterzieher", klagte er. Stattdessen wäre es sinnvoller, denjenigen, die Teilanzeige gegen sich selbst erstattet hätten, eine Frist von einem Jahr setzen, "um sich ganz ehrlich zu machen."

Martin Gerster (SPD) warf der Koalition eine "halbgare Bekämpfung der Steuerhinterziehung" vor und wiederholte die Forderung der SPD, die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige ganz abzuschaffen. "Dies würde zu mehr Steuereinnahmen und zu mehr Steuerehrlichkeit führen", sagte Gerster. Außerdem traue sich die Regierung nicht an das Thema "Geldwäsche" heran. Dieses sei ein Beispiel dafür, dass auch in anderen Bereichen Handlungsbedarf bestehe. "Warum schnüren Sie kein Gesamtpaket?", kritisierte Gerster. Vor allem Spielbanken forderte er stärker ins Visier zu nehmen. "Dies sind Vergnügungsparks für professionelle Geldwäscher."