Piwik Webtracking Image

FÜR VOLKSENTSCHEIDE AUF BUNDESEBENEGastkommentar : Den Bürgern vertrauen

03.01.2011
2023-08-30T12:16:34.7200Z
1 Min

Alle deutschen Bundesländer kennen Plebiszite, sie funktionieren dort gut, in Bayern seit 64 Jahren. Wilhelm Hoegner, der erste bayerische Ministerpräsident nach dem Krieg, schrieb sie, inspiriert durch sein Schweizer Exil, in die bayerische Verfassung. Der erste Volksentscheid war gleich 1946; es wurde über die Annahme der Verfassung entschieden. Diese bayerische Verfassung mag ihr Volk, sie vertraut ihm.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes trauten dem Volk nicht. Abgrundtief war die Angst vor neuen Demagogen und davor, dass die Volksabstimmung als Hebel gegen die junge Demokratie missbraucht werden könnte. Deshalb wurde dem Plebiszit kein Millimeter Raum gegeben. Anlass zum Nachdenken darüber, ob dies ein Dauerzustand bleiben dürfe, hatte man nicht: Das Grundgesetz war ja als Provisorium gedacht.

Dieses Grundgesetz wird, zu Recht, über den Schellenkönig gelobt; aber man kann auch das Gute noch besser machen. Die Deutschen haben Jahrzehnte der Bewährung hinter sich. Das ökologische Bewusstsein hat sich in Deutschland von unten nach oben entwickelt. Im Osten haben die Menschen ein diktatorisches Regime gestürzt. Und diese Menschen sollen nicht reif sein, sich hin und wieder in einer Volksabstimmung zu äußern? Sicherlich: Das Plebiszit ist nicht per se gut. Mehrheit ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit Wahrheit, Richtigkeit und Verfassungsmäßigkeit. Die plebiszitäre Demokratie braucht deshalb, genauso wie die parlamentarische, ein Kontrollorgan: das Verfassungsgericht. Im Übrigen: Es verhält sich mit Volksbegehren und Bürgerentscheid so wie mit jeder Medizin: Man muss sich Indikation und Dosierung genau überlegen.