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Termindruck am Hindukusch

BUNDESWEHR Abzug aus Afghanistan zum Wahltag oder nach Lage vor Ort?

17.01.2011
2023-08-30T12:16:34.7200Z
2 Min

Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr bleibt wohl auch in diesem Jahr das umstrittenste außen- und sicherheitspolitische Thema in Deutschland. Während die Bundeswehreinsätze in Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo sowie die Beteiligung an der Anti-Piraterie-Mission am Horn von Afrika weitestgehend abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit verlaufen, spitzt sich die innenpolitische Auseinandersetzung über den Krieg am Hindukusch weiter zu.

Obwohl der Bundestag in dieser Woche zunächst einmal über die erneute einjährige Verlängerung des Isaf-Mandates in erster Lesung beraten wird, ist die Debatte vor allem vom Streit über den anvisierten Abzug der derzeit 4.600 deutschen Soldaten bis 2014 geprägt. Bis dahin soll die Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung übergeben werden.

Auch der vom Bundeskabinett am vergangenen Mittwoch verabschiedete Mandatstext nennt erstmals einen Termin für einen Beginn des Abzugs. Die Regierung sei zuversichtlich, "im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können", hieß es nach der Kabinettssitzung.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der in der vergangenen Woche die deutschen Isaf-Truppe in Afghanistan besuchte, hatte sich dafür stark gemacht, dass diese Abzugsoption im Mandat genannt wird. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) betonte allerdings, dass der Abzugsbeginn in jedem Fall "an die Lage vor Ort" gebunden sei. Unter Hinweis auf die anstehenden Landtagswahlen warnte er vor einem Wettlauf bei der Benennung von Abzugsdaten. Es wäre "unverantwortlich, die Sicherheit von Soldaten an Wahltage zu koppeln".

Bei den Oppositionsfraktionen stößt die Frage des Abzugstermins auf heftige Kritik. So will die SPD-Fraktion zwar mehrheitlich der Mandatsverlängerung zustimmen, doch die Sozialdemokraten pochen auf einen klaren Abzugstermin. Die SPD werde sich den Mandatstext genau ansehen, kündigte der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier an. Er sei "irritiert" über die offensichtlich unterschiedlichen Interpretationen innerhalb der Regierung.

Für Bündnis 90/Die Grünen stellt das neue Mandat lediglich einen "Formelkompromiss" dar. Zum Auftakt ihrer dreitägigen Klausurtagung am vergangenen Mittwoch in Weimar kritisierte Fraktionschef Jürgen Trittin, Nato-Partner wie Polen und Italien hätten längst klar datierte Abzugspläne vorgelegt. In der deutschen Regierung herrsche jedoch weiterhin "ein entschiedenes ,Vieleicht - Vielleicht-auch-nicht'". Die Grünen knüpfen ihre Zustimmung im Bundestag für das Mandat an einen termingebundenen Abzugsplan.

Klar hingegen ist das Nein der Linksfraktion zur Mandatsverlängerung. Deren Vorsitzender Gregor Gysi monierte, die vage Ankündigung der Regierung wecke in der Bevölkerung "nur falsche Hoffnungen". "Wer wirklich abziehen will, muss einen klaren Tag des Beginns und einen klaren Tag des Endes des Abzugs benennen - und zwar beides unverzüglich."

Mahnende Worte in der Debatte über einen Abzug kamen hingegen aus dem Bundeswehrverband. "Den aktuellen Abzugs-Populismus empfinden unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz als wirklichkeitsfremd", kritisierte der Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch.