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Ziel: Abzug im Jahr 2014

AFGHANISTAN-EINSATZ Außen- und Verteidigungsminister sind sich einig. Entscheidung am 28. Januar

24.01.2011
2023-08-30T12:16:36.7200Z
3 Min

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) gaben in letzter Zeit beim neuen Afghanistan-Mandat allerlei Anlass zu Spekulationen. Am vergangenen Freitag bei der ersten Lesung des Regierungsantrages (17/4402) vertraten sie die Position ihrer Regierung so überzeugend, als passe kein Blatt Papier mehr zwischen die beiden.

Nach Meinung des Kabinetts soll die Bundeswehr zunächst ein weiteres Jahr in Afghanistan bleiben. In der Begründung ist ein Satz enthalten, der besonders für Zündstoff sorgte: "Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können und wird dabei jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen, soweit die Lage dies erlaubt und ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden."

Der 49-jährige Außenminister legte in seiner Rede Wert auf die Feststellung, dass man sich auch nach 2014, wenn die Bundeswehr endgültig aus Afghanistan abgezogen ist, für die Sicherheit in Afghanistan engagieren wolle. Sonst sei nicht auszuschließen, dass die Tabilan wieder an die Macht kämen und ihre "Saat des Terrorimus in der Welt" verbreiten würden. Dann sei das Engagement der Streitkräfte völlig vergeblich gewesen. Westerwelle betonte, es dürfe kein zweites Mal ein "Vakuum" an Sicherheit in Afghanistan hinterlassen werden.

Zerstrittener Eindruck

Sein Kabinettskollege, Verteidigungsminister Freiherr zu Guttenberg, stimmte ihm zu: Er sei zuversichtlich, dass in diesem Jahr mit einem ersten Abzug begonnen werde. 2011 stehe für den Gedanken, dass niemand dauerhaft in Afghanistan bleiben will. Es wäre eine "schiere Illusion", wenn man glaube, das Land am Hindukusch militärisch, nicht politisch gewinnen zu können. Dies bedeute eine "stärkere Säule" der Entwicklungshilfe. Guttenberg teilte mit, man liege beim Zusammenwirken vor Ort zivil wie militärisch vor dem Zeitplan. Es wäre verantwortlungslos, wenn die Truppen der Bundeswehr jetzt übereilt abzögen, fand der 39-Jährige. Man würde die afghanische Sicherheitskräfte damit völlig überfordern.

Der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich fand, die Regierung mache bei so einem wichtigen Mandat einen zerstrittenen Eindruck: "Frau Bundeskanzlerin, welche ordnende Hand haben Sie eigentlich in diesem Kabinett?", richtete er als Frage an Merkels Adresse. Das Parlament und die Bündnispartner seien verunsichert worden. Der 51-jährige Kölner Abgeordnete, der auch Obmann seiner Fraktion im Auswärtigen Ausschuss ist, warf dem Außenminister vor, er sei bisher nicht stark genug gewesen, Querschüsse des Verteidigungsministers zu verhindern. Mützenich fand im Übrigen, die Bundeswehr sei eine Armee des Parlaments.

Paul Schäfer (Die Linke) wiederholte für seine Fraktion die Forderung nach einem Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Aber wenn er sich den Antragstext so ansehe, komme er an der Feststellung nicht vorbei, dass ein eindeutiger Abzugsplan anders aussähe. Frithjof Schmidt (Grüne) stellte fest, der Antrag lasse Details für 2012 und 2013 vermissen. Es seien im Übrigen "Könige des Konjunktivs" am Werk gewesen.

Konkrete Verbesserungen

Zu Beginn des vergangenen Freitag hatte der Bundestag die Situation in Afghanistan aus entwicklungspolitischer Sicht diskutiert. Der zuständige Bundesminister Dirk Niebel (FDP) wies darauf hin, die Bundesregierung habe "konkrete Verbesserungen" erreicht. 430 Millionen Euro für Afghanistan bedeute eine Verdoppelung der Mittel. Man sei damit nach den USA und Japan der drittgrößte Geldgeber. Afghanistan sei immer noch "unsere größte entwicklungspolitische Baustelle", so umschrieb Christian Ruck (CSU) die Situation. Aber die Fortschritte seien unverkennbar. Er warnte zugleich, die Situation in Pakistan nicht aus dem Augen zu verlieren. Die internationale Staatengemeinschaft sei hier gefordert.

Gernot Erler (SPD) hob hervor, es sei auch ein neuer Konsens entstanden. Ein militärischer Sieg über die Aufständischen in Afghanistan erscheine nunmehr ausgeschlossen. Nur eine politische Lösung sei deshalb möglich. Dies bedeute den "Abschied von einigen langgehegten Illusionen". Die Sicherheitslage in Afghanistan sei schlechter denn je, fand die Abgeordnete der Linksfraktion, Heike Hänsel. Es gebe immer größere Widerstände innerhalb der afghanischen Bevölkerung. Ute Koczy (Grüne) stellte fest, dass Minister Niebel keine Antwort auf die "drängende Frage" gegeben habe, was eigentlich nach 2014 komme. Das Parlament wird aller Voraussicht nach in dieser Woche über das neue Afghanistan-Mandat entscheiden.

h ttp://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/044/1704402.pdf