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Deutschland erntet bei Euro-Partnern Widerstand

SECHS-PUNKTE-PLAN EU-Finanzminister beraten

14.02.2011
2023-08-30T12:16:37.7200Z
3 Min

Der deutsche Sechs-Punkte-Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone hat in den EU-Mitgliedsstaaten starke Gegenreaktionen ausgelöst. Selbst Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der das Dokument als deutsch-französische Initiative beim EU-Gipfel vorvergangene Woche mitgetragen hatte, distanzierte sich im Detail vom Inhalt. So will Frankreich Deutschlands Forderung nach dem Ende der Lohnindexierung nicht mittragen, wenn es um die jährliche Anpassung des Minimumlohns geht.

Auch aus dem Europäischen Parlament kommt Kritik an dem deutschen Vorstoß. Der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten, Markus Ferber, monierte: "Das ist weder Fisch noch Fleisch." Er kritisierte vor allem die "schleichende Kompetenzübertragung nach Brüssel", die der Pakt auslösen würde. Die Vorsitzenden der deutschen und französischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Bernhard Rapkay und Catherine Trautmann, bezeichneten den Pakt in einer gemeinsamen Erklärung als "inakzeptabel", und bemängelten vor allem, dass Deutschland und Frankreich ihre Vorstellungen den anderen "aufdrängen" wollten, was der Gemeinschaftsmethode widerspreche. Der Vorsitzende der Liberalen im Europäischen Parlament, Guy Verhofstadt, bemängelte ebenfalls die deutsch-französische Vorgehensweise: "Ich bekam das Papier 24 Stunden vor dem Gipfel und hörte, dass manche Ministerpräsidenten nicht einmal die Gelegenheit hatten, es vorher durchzulesen."

Wirtschaftspolitik abstimmen

Grundsätzlich zielt die Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf ab, die Wirtschaftspolitik in der Eurozone besser abzustimmen. Ökonomen halten dies für sinnvoll, da die Währungsunion zwar eine gemeinsame Geldpolitik vorsieht, aber bisher zu wenig makro-ökonomische Koordinierung enthält. Im Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, der auch unter der Bezeichnung Wirtschaftsregierung läuft, hatte die Kanzlerin vorgeschlagen, dass sich die Mitgliedsstaaten der Eurozone verbindliche und nachweisbare Ziele setzen. Dabei soll das erfolgreichste Land als Benchmark fungieren.

Lohnindexierung im Visier

Konkret werden in dem Dokument aus Berlin drei Indikatoren vorgeschlagen: Eine Kennziffer zur Wettbewerbsfähigkeit, etwa die Stabilität der realen Lohnstückkosten, eine Kennziffer zu den öffentlichen Finanzen, bei der noch der Bewertungsmaßstab offen gelassen wird und eine Mindestrate für Investionen in Forschung, Entwicklung, Bildung und Infrastruktur relativ zum Bruttoinlandsprodukt. Konkret wird in dem Dokument gefordert, die Lohnindexierung abzuschaffen, was die betroffenen Länder Belgien, Luxemburg und Portugal vehement zurückgewiesen haben. Belgiens Premierminister Yves Leterme sieht dies als inakzeptablen Einschnitt in den Sozialstaat. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, gleichzeitig Präsident der Euro-Gruppe, betonte nach dem Gipfel, er gehe nicht davon aus, dass "die Abschaffung der Lohnindexierung die Wettbewerbsfähigkeit meines Landes oder der Eurozone verbessert".

Der zweite Punkt des Forderungskatalogs, die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen zur Förderung der Arbeitsmobilität in Europa, löste weniger Widerstand aus. Sehr kritisch wird jedoch die Schaffung einer einheitlichen Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage gesehen.Die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, stößt unter den Partnerländern ebenfalls auf Vorbehalte, obwohl ausdrücklich nicht gefordert wird, die Rente mit 67 auf die ganze Eurozone auszuweiten.

Zum Sechs-Punkte-Katalog gehören weiter eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild und die Einführung nationaler Krisenbewältigungsregime für Banken. Die Finanzminister der Europäischen Union werden sich in dieser Woche weiter mit dem Pakt für Wettbewerbsfähigkeit beschäftigen. Beim regulären Frühlingsgipfel am 24. und 25. März soll das Gesamtpaket zur Euroreform beschlossen werden. Und nach deutschen Vorstellungen gehört der Pakt für Wettbewerbsfähigkeit dazu.