Piwik Webtracking Image

Abschied vom Präsidium

GERDA HASSELFELDT Eine Frau führt die CSU-Landesgruppe

21.03.2011
2023-08-30T12:16:39.7200Z
3 Min

Vor 24 Jahren zog sie als Nachrückerin für CSU-Übervater Franz Josef Strauß erstmals in den Bundestag ein, nun ist sie auch seine Nachfolgerin, nämlich an der Spitze der CSU-Landesgruppe: Mit 37 von 40 gültigen Stimmen wählten die christsozialen Bundestagsabgeordneten am Montag vergangener Woche die bisherige Parlamentsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (CSU) zu ihrer neuen Vorsitzenden. Sie folgt damit dem neuen, am vergangenen Mittwoch vor dem Bundestag vereidigten Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach und seinen zehn Vorgängern als Landesgruppenchef, von denen Strauß - wie auch der spätere Bundestagspräsident Richard Stücklen (siehe Seite 9) - das Amt sogar zweimal inne hatten.

Man darf gespannt sein, wie nach all diesen Mannsbildern die erste Frau an der Spitze der Landesgruppe ihre neue Rolle interpretieren wird. Ihr gehe es "um die sachliche Argumentation, aber auch um die deutliche Argumentation", betonte die 60-Jährige nach ihrer Wahl und kündigte an, die Eigenständigkeit der CSU-Landesgruppe auch gegenüber der Partei "groß schreiben" zu wollen.

Ein Schlüsselposten

Das einflussreiche Amt der CSU-Landesgruppenchefin ist ein Schlüsselposten der schwarz-gelben Koalition; in dieser Funktion sitzt Hasselfeldt künftig auch im Koalitionsausschuss; zudem ist sie Erste stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion. "Der eigenständige Gestaltungsspielraum und gleichzeitig der Einfluss in der starken Gemeinschaft der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind eine Kombination, die es kein zweites Mal gibt", freute sich die erfahrene Parlamentarierin auf die neue Aufgabe. Dafür vorgeschlagen hatten sie überraschend in der Sitzung der Landesgruppe am Montagabend CSU-Chef Horst Seehofer und ihr Vorgänger Friedrich, nachdem zuvor eine ganze Reihe möglicher - männlicher - Bewerber für den Vorsitz gehandelt worden war. Bei der Abstimmung war Hasselfeldt dann die einzige zur Wahl stehende Kandidatin.

Ausgelöst wurde die Rochade Anfang März durch den Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Während ihm der bisherige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) im Amt nachfolgte, wechselte Friedrich an die Spitze des Innen-Ressorts. Er hatte seit Herbst 2009 den Chefposten der CSU-Landesgruppe inne, mit dem nun Hasselfeldt die lange Reihe ihrer parlamentarischen Aufgaben fortschreibt.

Im Bundestag zu wirken, liegt bei der 1950 im niederbayerischen Straubing geborenen CSU-Politikerin sozusagen in der Familie - schließlich gehörte schon ihr Vater Alois Rainer, ein Gastwirt und Metzgermeister, dem Parlament 18 Jahre hindurch an, bis 1983. Die Tochter folgte vier Jahre später, nachdem Strauß darauf verzichtet hatte, sein bei der Bundestagswahl 1987 gewonnenes Mandat anzunehmen. Seitdem hat die Mutter zweier erwachsener Kinder, die nach ihrem Volkswirtschaftsstudium bei der Bundesagentur für Arbeit tätig war, ihren Wahlkreis Fürstenfeldbruck stets direkt gewonnen.

Im Bundestag machte Hasselfeldt, die 1969 in die CSU eingetreten war, rasch Karriere: Schon 1989 wurde sie unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) Bundesministerin für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, um 1991 an die Spitze des Gesundheitsressorts zu wechseln. Nach ihrem Rücktritt im Jahr darauf, für den unter anderem gesundheitliche Gründe angegeben wurden, folgte ihr der heutige bayerische Regierungschef Seehofer im Amt.

Seit 2005 im Präsidium

Hasselfeldt arbeitete sich in der Fraktion wieder nach oben, wurde 1995 deren finanzpolitische Sprecherin und 2002 Fraktionsvize mit dem Zuständigkeitsbereich Verbraucherschutz und Landwirtschaft. "Auch in dieses Sachgebiet arbeitete sie sich bis zur Kabinettsreife ein", attestiert ihr das renommierte "Munzinger-Archiv". Im Bundestagswahlkampf 2005 war die vielseitige CSU-Politikerin im sogenannten Kompetenzteam der damaligen Kanzlerkandidatin Angela Merkel denn auch für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Umwelt zuständig.

Statt erneut im Bundeskabinett fand sich Hasselfeldt, die in zweiter Ehe mit dem langjährigen CSU-Abgeordneten Wolfgang Zeitlmann verheiratet ist, nach der Wahl 2005 als Vizepräsidentin im Bundestagspräsidium wieder, gewählt mit 510 von 605 Stimmen. Vier Jahre später bestätigte sie der neue Bundestag am 27. Oktober im Amt, dieses Mal mit 496 von 618 Stimmen.

Nun gab sie das Amt der Vizepräsidentin "zugunsten einer Rückkehr in das operative Geschäft ab", wie es in einer Pressemitteilung der Landesgruppe hieß. Zwei Tage nach ihrer Wahl legte sie das Amt am Mittwoch nieder. Voraussichtlich bleibt ihr bisheriger Sitz im Bundestagspräsidium nicht lange vakant: An diesem Montag will die CSU-Landesgruppe entscheiden, wen sie für die Nachfolge Hasselfeldts im Vizepräsidentenamt nominiert. Im Bundestagsplenum könnte sich die oder der Abgeordnete dann bereits in dieser Woche zur Wahl stellen.