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»Nur ein flotter Spruch«

Moratorium Experten und Opposition sehen Rechtsverstoß

21.03.2011
2023-08-30T12:16:39.7200Z
2 Min

Das von der Bundesregierung beschlossene Moratorium zur Überprüfung und vorübergehenden Abschaltung älterer Kernkraftwerke ist nach Auffassung von Rechtsexperten und der Opposition "nur ein flotter Spruch der Regierung ohne rechtliche Grundlage", wie der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok formulierte. Selbst für eine befristete Stilllegung von drei Monaten müsse das Gesetz geändert werden, verlangte der Würzburger Rechtsprofessor Kyrilll-Alexander Schwarz. Der Berliner Umweltrechtler Michael Kloepfer nannte das Moratorium ohne rechtliche Grundlage "evident verfassungswidrig".

Auch die Opposition will Rechtsgrundlagen. So sagte die frühere Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), für das Moratorium gebe es keine Rechtsgrundlage. Das Atomgesetz sehe ein Abschalten dann vor, wenn ionisierende Strahlen austreten würden, die Leben und Sachgüter gefährden würden. "Nach unserer Kenntnis sind unsere Atomkraftwerke aber genauso sicher wie vor drei Wochen", sagte Zypries. Der Justitiar der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic, nannte das Merkel-Moratorium einen "vereinbarten Gesetzesbruch". Der Abgeordnete erklärte: "Wenn die Regierung ihre politische Meinung ändert, dann muss sie die Gesetzeslage ändern und nicht vorhandene Gesetzesvorschriften im Wege des Rechtsbruchs uminterpretieren." Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck: "Es gibt keine Rechtsgrundlage für eine Abschaltung, wenn man nicht zum alten Atomkonsens zurückkehr."

Dagegen verteidigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Moratorium mit dem Hinweis, im Zweifel müsse die Sicherheit vorgehen. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger unterstützte das Moratorium, sagte aber, es dürfe aber "kein hektisches Überbordwerfen" der bisherigen Politik geben.

Das Moratorium ist nach Angaben von Morlok schon der dritte Fall dieser Art in kurzer Zeit. "Der erste Fall war die vom Parlament beschlossene Sperrung kinderpornografischer Seiten, die derzeit ausgesetzt ist. Der zweite Fall ist die Aussetzung der Wehrpflicht. Das Wehrpflichtgesetz gibt es ja nach wie vor", sagte Morlok.