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Abzocke adé

WIRTSCHAFT Die Möglichkeiten teurer Warteschleifen am Telefon werden eingeschränkt - Anbieterwechsel an einem Tag

16.05.2011
2023-08-30T12:16:43.7200Z
3 Min

Wer hat das selbst nicht schon einmal erlebt: Ein Anruf bei der Hotline eines Telefonunternehmens, eines Versandhauses, Computerherstellers oder anderer Branchen endet zunächst bei einem Tonband, das vertröstend auf den nächsten freien Mitarbeiter verweist, der das Gespräch annehmen werde. Oder den Hinweis gibt, dass gerade ein Ansprechpartner im zuständigen Servicebereich gesucht werde. Derweil läuft der Gebührenzähler zur Höchstform auf, weil die Telefonwarteschleifen in vielen Fällen nicht kostenfrei sind, sondern Gebühren genommen werden - zum Teil höher als bei normalen Gesprächen.

Das Geldverdienen mit Warteschleifen soll jetzt ein Ende haben. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen (17/5707) habe die christlich-liberale Koalition einen "Meilenstein für den Verbraucherschutz" gesetzt, sagte Erik Schweickert (FDP) am Donnerstag im Bundestag bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, der an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde. "Wir schieben dem Geschäftsmodell Warteschleife den Riegel vor", freute sich Schweikert. Die Abzocke müsse beendet werden.

Bestätigungsschreiben

Auch Georg Nüßlein (CDU/CSU) wies Kritik der Opposition zurück, zeigte sich jedoch zugleich für Änderungen offen. So könne überlegt werden, bei telefonisch vorgenommenen Vertragsänderungen ein schriftliches Bestätigungsschreiben des Kunden zwingend vorzuschreiben.

Mit dem Gesetzentwurf wird der Begriff der Warteschleife neu gefasst, "um deutlich zu machen, dass der Anrufer erst dann für besondere Serviceleistungen zahlen muss, wenn sein Anliegen bearbeitet wird", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Die neue Definition erfasse nicht nur Warteschleifen zu Beginn eines Anrufes, sondern auch "nachgelagerte Warteschleifen". Diese entstehen, "wenn der Anrufer nach Entgegennahme des Anrufs durch eine Person oder einen automatisierten Dialog an einen anderen Bearbeiter weitergeleitet wird", schreibt die Regierung. Bei diesen nachgelagerten Warteschleifen gilt allerdings eine Bagatellgrenze: "Bei Wartezeiten von maximal 30 Sekunden gilt die Wartezeit nicht als Warteschleife." Denn der Vorgang der Weitervermittlung sei naturgemäß mit einer gewissen Wartezeit verbunden. Uneingeschränkt zulässig soll der Einsatz von Warteschleifen bei kostenfreien und ortsgebundenen Nummern sowie bei Nummern für Mobile Dienste bleiben.

Nur ein Tag Unterbrechung

Bei einem Anbieterwechsel mit Übertragung der Rufnummer soll vorgeschrieben werden, dass die Unterbrechung des Anschlusses aufgrund des technischen Umstellungsprozesses nicht länger als einen Kalendertag dauern darf. "Ein funktionierender Wechselprozess ist für einen Wettbewerbsmarkt essenziell", schreibt die Bundesregierung. Der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto (FDP), bezeichnete in der Debatte Privatisierung und Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt als "beispiellose Erfolgsgeschichte". Die Preise seien bei gleich bleibender Qualität um 90 Prozent gesunken.

Martin Dörmann (SPD) forderte eine Komplettversorgung mit Breitband-Internetanschlüssen: "Schnelles Internet für alle muss endlich flächendeckend realisiert werden." Diese Grundversorgung müsse gesetzlich festgeschrieben werden, verlangte Dörmann. Andreas Lämmel (CDU/CSU) wies die Vorwürfe der Opposition, in den letzten zwei Jahren sei beim Internet-Ausbau nichts geschehen, als falsch zurück und verwies auf Angaben der Regierung, wonach 98,5 Prozent der Haushalte an Breitband mit mindestens einem Megabit pro Sekunde angeschlossen seien.

Schnellere Leitung

Diese Zahl nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/5588) auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/3899). Darin heißt es auch, die Mobilfunkunternehmen, die eine Frequenzzuteilung für LTE (Long Term Evolution) im Bereich von 80 MHz erhielten, hätten zugesagt, die bestehenden Versorgungslücken noch im Laufe dieses Jahres zu schließen.

Wie aus der Antwort hervorgeht, ist die Breitbandversorgungslage in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern (93,4 Prozent) und Thüringen (93,5 Prozent) am schlechtesten. In Berlin, Bremen und Hamburg sieht die Lage mit knapp 100 Prozent am besten aus. Aber auch ein Flächenland wie Nordrhein-Westfalen erreicht mit 99,2 Prozent eine fast vollständige Haushaltsversorgung. Die Breitbandstrategie der Bundesregierung sieht vor, dass möglichst 2015, spätestens aber 2018, Hochleistungsnetze mit einer Downloadrate von mindestens 50 Mbit/s verfügbar sind.

Datenklau im Internet

Caren Lay (Die Linke) wies darauf hin, dass die Hälfte der Verbraucher über Probleme mit Internet und Telefon klage. "Abzocke und Datenklau müssen endlich ein Ende haben", forderte die Abgeordnete. Und Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die im Gesetzentwurf vorgesehene Übergangsfrist bei der Warteschleifenregelung von einem Jahr: "Das verärgert die Leute ohne Ende", so Scheel.