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Kurz rezensiert : Kurz notiert

30.05.2011
2023-08-30T12:16:44.7200Z
4 Min

Befindet sich die Wissenskultur der Amateure mit tatkräftiger Unterstützung der Internetplattform Wikipedia auf dem Vormarsch? Welche Folgen hat dies für die überlieferte Buch- und Lesekultur? Mit welcher Zielrichtung wird in den Feuilletons und in der Wissenschaft über die Zukunft der Wissenskultur im digitalen Zeitalter diskutiert?

Antworten auf all diese Fragen findet der Leser in der gründlich recherchierten Studie von Daniela Pscheida. Die Hauptthese der Medienwissenschaftlerin lautet: Man soll Wikipedia nicht bekämpfen, sondern frei von normativen Kategorien wie jede Innovation akzeptieren. Schließlich sei das Internet als Informations-, Wissens- und Beteiligungsmedium aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die neuen Technologien hätten nicht nur Suchmaschinen wie Google oder Kommerz- und Handelsportale wie Amazon hervorgebracht, sondern auch neue interaktive Plattformen und soziale Netzwerke wie Facebook oder WikiLeaks.

Die westliche Gesellschaft habe die Chancen erkannt und sei ohne Zögern auf den Zug aufgesprungen. Bei Wikipedia nicht zuletzt deshalb, weil es den Bürgern den Weg in eine Bibliothek und das Nachschlagen in einem Lexikon erspare. Dies führt allerdings auch zu negativen Erscheinungen: Obwohl die Statistik belegt, dass Wikipedia noch nicht in der Wissenschaft angekommen ist, schrecken selbst Doktoranden nicht davor zurück, ungeprüft aus dem Online-Lexikon abzuschreiben.

Daniela Pscheida informiert ihre Leser detailliert über die Ursprünge und Entwicklung von Wikipedia, das mittlerweile seine Inhalte in unterschiedlichem Umfang in rund 260 Sprachen anbietet. Auch wenn die Autorin eine begeisterte Unterstützerin des digitalen Lexikons ist, kann sie die "hohe Fehleranfälligkeit, inhaltliche Ungenauigkeiten und subjektive Verzerrungen" nicht verheimlichen. Auch bleibt trotz einiger langatmiger Erklärungsversuche der Medienwissenschaftlerin unklar, welchen wissenskulturellen Wandel die "mit dem Web 2.0 sozialisierte Generation Internet" künftig herbeiführen wird.

Daniela Pscheida:

Das Wikipedia-Universum. Wie das Internet unsere Wissenskul-tur verändert.

Transcript Verlag, Bielefeld 2010; 518 S., 29,80 €

Beim G-8-Gipfel im französischen Deauville stand auch das Thema "zivilisiertes Internet" auf der Tagesordnung. Zu den von Gastgeber Präsident Nicolas Sarkozy eingeladenen "Internet-Gurus" gehörte Mark Zuckerberg, der Gründer der Internetplattform Facebook. Als Student der amerikanischen Elite-Universität Harvard revolutionierte er im Jahr 2003 mit seinem Konzept die sozialen Netzwerke und beeinflusste das gesellschaftliche Verhalten einer ganzen Generation. Inzwischen sind bei Facebook fast 550 Millionen Nutzer registriert.

Zum Thema "zivilisiertes Internet" musste Zuckerberg jedoch einiges klarstellen: Auch wenn das soziale Netzwerk vom Exklusivinterview mit US-Präsident Barack Obama profitierte, dominierten in den Schlagzeilen zuletzt die Negativmeldungen. Wie sich jetzt herausstellte, hatte Facebook eine PR-Agentur engagiert, um gegen den Internet-Konkurrenten Google eine rufschädigende Kampagne zu starten.

Allen, die mehr über den märchenhaften Aufstieg des früheren Informatik-Studenten zum Milliardär erfahren wollen als der Oskar-nominierte Film "The Social Network" erzählt, sei das Buch des US-Journalisten David Kirkpatrick empfohlen. Der Technik- und Internet-Experte zeichnet nicht nur den Weg von der Idee bis zum Aufstieg der Firma nach. Vielmehr ordnet er die Erfindung ein in die "globalisierte" Zeitgeschichte und analysiert die Folgen für das World Wide Web insgesamt. Zudem erläutert er Zuckerbergs Konzept "Du hast eine Identität". Über die technischen Aspekte berichtet der Autor in einer Sprache, die auch der Laie versteht. Mit Blick auf datenschutzrechtliche Fragen kann sich der Autor nicht den Hinweis verkneifen, dass niemand gezwungen sei, bei Facebook mitzumachen. Bei aller Sympathie bewertet Kirkpatrick Facebooks Rolle in der Zukunft durchaus kritisch. Es stimmt: Facebook ist eine wichtige Quelle für Werbung, Handel und Geheimdienste. Richtig ist aber auch: Facebook erleichtert es den Menschen, auch über große Distanzen hinweg in Kontakt zu bleiben.

David Kirkpatrick:

DerFacebook-Effekt. Hinter den Kulissen des Internet-Giganten.

Hanser Verlag, München 2011; 402 S., 24,90 €