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Sorglos in die Rente

Arbeit und Soziales Ministerin lobt die Bilanz ihres Hauses und wirbt für Zuschuss zur Altersversorgung

12.09.2011
2023-08-30T12:16:48.7200Z
3 Min

Für Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) war es eine Woche der frohen Botschaften. Erst präsentierte sie der Öffentlichkeit am vergangenen Mittwoch ihre Idee der Zuschussrente als Rezept gegen die drohende Altersarmut. Und am folgenden Tag den Abgeordneten des Bundestages einen Haushaltsplan, aus dessen Zahlen "der Erfolg spricht", so die Ministerin selbstbewusst.

Mit Ausgaben von 126,6 Milliarden Euro ist der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) der größte Einzelposten im Bundeshaushalt 2012. Und trotz Einsparungen von fast vier Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr gab es aus Sicht der Ministerin keinen Grund zur Klage: "Die Zahl der Erwerbstätigen beträgt 41 Millionen. Seit der Wiedervereinigung ist sie noch nie so hochgewesen", stellte von der Leyen fest. Auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik sei die Merkel-Regierung deshalb "die erfolgreichste Regierung der letzten 20 Jahre".

Aktivierung und Qualifizierung

Vehement verteidigte die Ministerin die Reform der Förderinstrumente für Arbeitslose. "Wir haben derzeit eine Million offene Stellen und einen Fachkräftemangel", führte von der Leyen aus. Deshalb könne man bei der Arbeitsmarktförderung nicht mehr die "alten Rezepte aus Zeiten der Massenarbeitslosigkeit" anwenden. In Zukunft würden die Instrumente für "Aktivierung, Qualifizierung und Weiterbildung" neu gesetzt und passgenaue Lösungen für die Betroffenen vor Ort entwickelt.

Anette Kramme (SPD) ließ sich von dem selbstwussten Auftritt der Ministerin nicht beeindrucken und warf ihr wegen der Einsparungen vor: "Sie lassen sich von Wolfgang Schäuble die Butter vom Brot nehmen und vergessen ihre Klientel." Kramme kritisierte vor allem, dass viele "strukturelle Probleme" des Arbeitsmarktes nicht angegangen würden. "Wir sehen keine Ansätze zur Lösung des Fachkräftemangels, denn es fehlt eine Qualifizierungsinitiative", die auch die Langzeitarbeitslosen anspreche.

Dem widersprach der Arbeitsmarktexperte der FDP, Heinrich Kolb, heftig: "Wir sind bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit erfolgreich, weil unsere Reformen ihrer verkorksten Hartz-IV-Gesetze auch für Langzeitarbeitslose einen Pfad zurück in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schaffen werden und weil wir auf einen Mix aus Beschäftigungsformen setzen."

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der CDU/CSU, Karl Schiewerling, fügte hinzu, dass pro Kopf mehr Geld für jeden Arbeitslosen ausgegeben werde, weil deren Zahl gesunken sei. "Unsere Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Arbeitsplätze entstehen."

Diese Aufgabe kann die Bundesregierung laut Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) allerdings nicht als erledigt betrachten. Hinz forderte gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose. "Natürlich haben wir eine gute Konjunktur, aber das betrifft die Langzeitarbeitslosen nicht", sagte sie. Und weiter: "Die Bundesregierung diskutiert seit einem Jahr über den Fachkräftemangel und tut nichts dafür."

Armut im Alter

Neben der Arbeitslosigkeit ging es in der Debatte aber auch um jene Menschen, die ihr Erwerbsleben hinter sich haben: die Rentner. Denn die Zuschüsse an die Rentenversicherung sind mit Abstand der größte Posten des Etats: 81,76 Milliarden Euro werden dafür 2012 ausgegeben und damit 1,4 Milliarden Euro mehr als 2011. Ministerin von der Leyen nutzte ihre Rede, um für die Idee der Zuschussrente zu werben. Das Problem, dass Geringverdiener im Alter nicht von ihrer Rente leben können und zusätzlich Grundsicherung beantragen müssen, sei zwar derzeit ein Randphänomen. Dabei werde es aber nicht bleiben, mahnte sie. "An diese Schwachstelle müssen wir ran." Ihr Plan, dass Geringverdiener ihre Altersrente auf 850 Euro aufstocken können, ist jedoch an Bedingungen geknüpft, die viele Menschen schwer erfüllen können: 45 Beitragsjahre plus private Rentenvorsorge. Zwar sicherte von der Leyen hier "großzügige Übergangsregelungen" zu. Doch Katja Kipping (Die Linke), Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales, konnte das nicht überzeugen. Sie kritisierte die in diesem Zusammenhang angekündigten besseren Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner als Mogelpackung: "Sie wollen, dass die Rentner mit Malochen im Alter ihre Rentenkürzungen ausbaden müssen." Nötig sei eine "solidarische Mindestrente, die garantiert, dass kein Rentner im Alter unter die Armutsrisikoquote fällt". Zum selben Punkt bemerkte Karl Schiewerling: "Mit dem Hinzuverdienst eröffnen wir Möglichkeiten und zwingen niemanden. Es ist ein gutes Konzept, das die Eigenverantwortung stärkt."

Doch darüber ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen, denn die vom BMAS gestartete Gesprächsreihe "Regierungsdialog Rente" mit gesellschaftlichen Partnern hat erst in der vergangenen Woche begonnen.