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Disput um Niebels Etat

12.09.2011
2023-08-30T12:16:48.7200Z
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Trotz enger Spielräume im Bundeshaushalt kann Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) einen Erfolg verbuchen: 6,33 Milliarden Euro sollen seinem Ressort nach dem Etatentwurf der Bundesregierung im nächsten Jahr zur Verfügung stehen - das sind knapp 114 Millionen Euro mehr als 2011. Wirklich zufrieden waren damit in der Debatte am vergangen Mittwoch allerdings nur die Koalitionsfraktionen.

Der Etat sei ein "Rekordhaushalt" aber auch ein "Wirksamkeitshaushalt", so Niebel. Die Bündelung der früheren Vorfeldorganisationen in der "Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit" (GIZ) sei die "größte Strukturreform in der Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik". Zudem setze das Ministerium auf Wirksamkeitsprüfungen - etwa durch die Gründung eines unabhängigen Evaluierungsinstituts. Erstmals gebe es ein verbindliches Menschenrechtskonzept, eine Art "TÜV", der die Auswirkungen von Entwicklungsprojekten auf die Menschenrechte prüfe. Ein Schwerpunkt liegt laut Niebel weiterhin auf Afrika, insbesondere sollen die Mittel für Bildungsmaßnahmen im Süden des Kontinents bis 2013 gegenüber 2009 verdoppelt werden.

Millenniumsziele "Nichts wirklich Substantielles" wollte Bärbel Kofler von der SPD-Fraktion im Etatentwurf entdecken. Deutschland sei weit entfernt von dem in der UN-Millenniumsvereinbarung genannten Ziel, bis 2015 mindestens 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Entwicklung auszugeben. 364 Abgeordnete hätten sich in einer fraktionsübergreifenden Initiative für dieses Ziel eingesetzt. Niebel habe die Chance nicht genutzt, diese breite parlamentarische Unterstützung "in Mittel für die Armutsbekämpfung umzumünzen", sagte Kofler. Stattdessen lese man in Niebels Strategiepapier das "Hohelied der privaten Investitionen".

Von einer "herben Enttäuschung" sprach Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen). Schließlich sei das Haushaltsjahr 2012 "die letzte Ausfahrt", um das 0,7-Prozent-Ziel doch noch zu erreichen. Hoppe sprach sich dafür aus, Solidarität und Gerechtigkeit "weder von der Konjunktur noch von der Kassenlagen abhängig" zu machen.

Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit "von jetzt auf gleich" auf 0,7 Prozent des BIP anzuheben, sei "völlig illusorisch", sagte Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU). Zudem greife es zu kurz, nur über die Höhe des Haushalts zu reden: "Was wir brauchen, sind Qualität und die Überprüfung der Wirkung." Pfeiffer hob zudem einen "wesentlich unverkrampfteren Umgang" mit der Wirtschaft hervor.

Zusammenarbeit "Erfreuliche Dinge" stellte Jürgen Koppelin (FDP) im Etat heraus: "Endlich" gebe es eine "ausgesprochen gute Zusammenarbeit" zwischen dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Auswärtigen Amt, "dokumentiert durch abgstimmte Konzepte zu Südamerika, zu Afrika".

Scharfe Kritik kam von Heike Hänsel (Die Linke). Angesichts der Hungerkatastrophe in Ostafrika habe es Minister Niebel versäumt, im Haushalt die Weichen zu stellen, "um auf solche Katastrophen adäquat reagieren zu können", etwa durch Aufstockung der Not- und Übergangshilfen. Hänsel lenkte den Blick auf die mutmaßlichen Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien, die der Bundessicherheitsrat genehmigt - und der Minister angeblich gerechtfertigt habe: "Mit solchen Aussagen können Sie Ihr ganzes Menschenrechtspapier in den Mülleimer werfen", sagte Hänsel.