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Koalition ringt um Kredit

EURO Opposition sieht in der Abstimmung zum Rettungsfonds EFSF die Nagelprobe für Schwarz-Gelb

26.09.2011
2023-08-30T12:16:49.7200Z
3 Min

Die Überschrift der Debatte ließ vieles offen: Geht es um eine geordnete Insolvenz überschuldeter Staaten? Oder eher um einen ungeordneten Rückzug der Koalition, wie es die Opposition unterstellt? Auf Verlangen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lieferten sich die Abgeordneten am vergangenen Mittwoch in einer Aktuellen Stunde einen heftigen Schlagabtausch zum Thema "Geordnete Insolvenz: Die Haltung der Bundesregierung". Anlass waren öffentliche Äußerungen von Vizekanzler und FDP-Chef Philipp Rösler, eine Insolvenz überschuldeter Euro-Staaten in Betracht zu ziehen. Röslers Vorschlag hatte für Turbulenzen an den Märkten gesorgt und war von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) öffentlich zurückgewiesen worden.

Wacklige Mehrheit

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, machte deutlich, dass die Abstimmung zum erweiterten Rettungsfonds EFSF am 29. September 2011 nichts anderes als eine Entscheidung über die Zukunft der Koalition sei. Es sei fraglich, ob Schwarz-Gelb eine eigene Mehrheit finde, insbesondere bei der FDP seien die Vorbehalte groß. Dabei schaffe erst der erweiterte EFSF die Voraussetzungen für eine geordnete Insolvenz von Staaten und damit eben auch für Röslers Vorschlag. "Das ist doch organisierte Schizophrenie", sagte Trittin.

Der CDU-Abgeordnete Norbert Barthle bescheinigte den Grünen, diese hätten sich bisher konstruktiv verhalten. Den "Klamauk", den Trittin nun aufführe, verstehe er nicht. Es gehe darum, die überschuldeten Ländern auf einen haushaltspolitischen Konsolidierungskurs zu verpflichten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. "Daran arbeiten wir, insbesondere mit dem jetzt neu aufzustellenden Rettungsschirm", sagte Barthle.

Der FDP-Abgeordnete Christian Lindner, Generalsekretär seiner Partei, attackierte SPD und Grüne: "Sie haben seinerzeit die Maastricht-Kriterien gebrochen." Die rot-grüne Regierung habe den Stabilitätspakt aufgeweicht. "Nachdem Sie uns einen Scherbenhaufen hinterlassen haben, stören Sie jetzt auch noch die Aufräumarbeiten", sagte er und ergänzte: "Es geht auch um geordnete staatliche Insolvenzverfahren, wenn sie im Extremfall erforderlich sind."

"Chaos und Auflösung"

Von einem "ernsten Vorgang" sprach der SPD-Finanzexperte Joachim Poß. Der Vizekanzler habe sich wiederholt und offen "in einer zentralen Frage der deutschen Politik" gegen die Bundeskanzlerin gestellt. "Wir sehen eine Bundesregierung und eine Koalition in Chaos und Auflösung", sagte Poß. Gerade jetzt aber sei eine handlungsfähige Regierung gefragt, die die Kraft habe, die Bevölkerung von der Euro-Rettung zu überzeugen. Rösler sei es von Anfang an nicht um die Stabilisierung des Euro gegangen, sondern um die Rettung seiner Partei. Wer einer griechischen Insolvenz das Wort rede, stehe auch in der Pflicht zu sagen, welche Konsequenzen dies für andere Euro-Mitgliedsländer hätte, sagte Poß und legte dem "überforderten" Vizekanzler nahe, zurückzutreten.

In einem Punkt wollte Sahra Wagenknecht von der Fraktion Die Linke dem viel Gescholtenen Recht geben: "Griechenland ist pleite." Je später aber ein Schuldenschnitt komme, desto teurer werde dies für den Steuerzahler und umso billiger für die Banken, so Wagenknecht. Die Rettungsprogramme seien nicht für den Euro gedacht, sondern für die Finanzindustrie. "Die Schulden der Staaten sind die Vermögen der reichen Leute", deshalb fordere die Linke eine europaweite Vermögensabgabe für die Schuldenreduzierung, sagte Wagenknecht.

Wenige Stunden nach der heftigen Debatte im Parlament billigte dann dessen Haushaltsausschuss mit großer Mehrheit den erweiterten EFSF (siehe "Hilfen festgezurrt").