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Ein Recht auf Pflege

FAMILIE Experten debattieren Gesetzentwurf der Regierung

26.09.2011
2023-08-30T12:16:49.7200Z
2 Min

Höchst unterschiedlich haben Experten am vergangenen Montag in einer Anhörung des Familienausschusses den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur geplanten Einführung einer Familienpflegezeit (17/6000) beurteilt. Der Entwurf sieht vor, dass Berufstätige ihre wöchentliche Arbeitszeit zwei Jahre lang auf einen Umfang von 15 Stunden reduzieren können, um Angehörige zu pflegen. Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten das Gehalt um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen Gehalt und dem sich durch die Arbeitszeitreduzierung ergebenden geringeren Gehalt aufstocken, sollen dies durch ein zinsloses Bundesdarlehen finanzieren können.

Der Beschäftigte muss nach Beendigung der Familienpflegezeit dann allerdings so lange Vollzeit zum geringeren Gehalt arbeiten, bis dieses Darlehen durch den Arbeitgeber abbezahlt ist. Das mögliche Ausfallrisiko für den Arbeitgeber - etwa durch einen Todesfall des Arbeitnehmers - muss durch eine spezielle Versicherung des Beschäftigten abgedeckt werden.

Übereinstimmend attestierten alle Sachverständigen, dass im Bereich der Familienpflege Handlungsbedarf besteht. Strittig hingegen war die Frage, ob für die Familienpflegezeit ein Rechtsanspruch formuliert werden soll. Während die Gewerkschaftsvertreterinnen Hannelore Buls (Verdi) und Anja Weusthoff (DGB) dies vehement einforderten, lehnten für die Arbeitgeberseite Birgit Schweer vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und Cornelia Upmeier vom Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK) einen Rechtsanspruch ab. Gegen den Rechtsanspruch argumentierte auch Martin Albrecht vom Forschungs- und Beratungsinstitut IGES.

Margot Jäger vom Deutschen Caritasverband, Johanna Possinger vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge und Bert Rürup, Hochschulprofessor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Darmstadt, sprachen sich hingegen für den Rechtsanspruch aus.

Rürups Kollege Eberhard Wille von der Universität Mannheim versuchte mit einem Kompromissvorschlag zu vermitteln. Der Rechtsanspruch solle zunächst nicht verankert, das Gesetz aber zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert werden. Sollte sich dann zeigen, dass die Familienpflegezeit in der Praxis am Widerstand der Arbeitgeber scheitert, dann könne der Rechtsanspruch auch noch nachträglich in das Gesetz aufgenommen werden.