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»Ein Gebot der Gerechtigkeit«

BUNDESWEHR Regierung und Parlament wollen Verwundete und Hinterbliebene von Gefallenen sozial besser absichern

04.10.2011
2023-08-30T12:16:49.7200Z
3 Min

Soldaten der Bundeswehr und Zivilbedienstete des Bundes in Auslandseinsätzen sollen im Fall einer schweren Verletzung sozial und finanziell besser versorgt werden. Gleiches soll für die Hinterbliebenen der im Einsatz getöteten oder tödlich verunglückten Soldaten und Zivilisten gelten. Über den entsprechenden Entwurf des sogenannten Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetzes der Bundesregierung (17/7143) beriet der Bundestag am vergangenen Freitag in erster Lesung.

Die Regierung beruft sich ausdrücklich auf einen Antrag der Koalitionsfraktionen zur Verbesserung der Einsatzversorgung (17/4233), den der Bundestag am 7. Oktober vergangenen Jahres ohne Gegenstimmen verabschiedet hatte. Lediglich die Fraktion Die Linke hatte sich damals der Stimme enthalten, weil ihr der Antrag nicht weit genug ging. An diesem Punkt entzündete sich in der Debatte jedoch die Kritik von Seiten der Oppositionsfraktionen. Die Regierung, so lautete der Vorwurf, habe wesentliche Forderungen des Parlaments nicht berücksichtigt.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Vertreter der Koalitionsfraktionen warben mit Nachdruck dafür, den Gesetzentwurf im Interesse der Soldaten trotzdem anzunehmen. Die angestrebten Verbesserungen seien "ein Gebot der Gerechtigkeit" gegenüber den Soldaten.

Konkret sieht der Gesetzentwurf eine Erhöhung der einmaligen Entschädigungszahlung an schwer verletzte Soldaten, Beamte und Zivilbeschäftigte, deren Erwerbsfähigkeit dauerhaft um 50 Prozent vermindert ist, von derzeit 80.000 auf 150.000 Euro vor. Ebenso sollen die Entschädigungszahlungen an die Ehefrauen und -männer sowie die Kinder von Soldaten und Zivilbeschäftigten, die im Einsatz tödlich verunglücken oder getötet werden, von 60.000 auf 100.000 Euro steigen.

Besser gestellt werden sollen auch die Hinterbliebenen von Zeitsoldaten und freiwillig Wehrdienstleistenden. Sie sollen zukünftig die gleiche Unfallhinterbliebenenversorgung erhalten wie die Hinterbliebenen von Berufssoldaten.

Kriegsklausel

Verbesserungen plant die Regierung auch bei den Pensionen und Renten der Bundeswehrsoldaten, Beamten und Zivilbeschäftigten. So sollen Auslandseinsätze ab einer bestimmten Mindestdauer stärker auf die Altersversorgung angerechnet werden.

Schließen will die Regierung zudem eine Lücke beim Schadensausgleich für ausgefallene Lebens- und Unfallversicherungen infolge der sogenannten "Kriegsklausel" in den Versicherungsbedingungen. Bislang zahlte der Bund diesen Schadensausfall nur an "natürliche Personen", etwa die Ehefrau oder einen anderen Begünstigten. Zukünftig soll der Schadensausgleich auch an "juristische Personen" ausgezahlt werden, zum Beispiel an eine Bank, an die ein Soldat die Versicherungsansprüche zur Finanzierung von Wohneigentum oder Betriebseinrichtungen abgetreten hat.

Als eine besonders wichtige Verbesserung bezeichnete de Maizière die Rückdatierung des Stichtages im Einsatzweiterverwendungsgesetz vom 1. Dezember 2002 auf den 1. Juli 1992. Nach diesem Gesetz können Soldaten und Zivilbedienstete ab einer einsatzbedingten Erwerbsminderung von mindestens 50 Prozent eine Weiterbeschäftigung im Bundesdienst beantragen. Durch die Verlegung des Stichtages wäre auch der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr in Kambodscha rückwirkend abgedeckt.

Kritik der Opposition

An diesem Punkt droht Streit über das weitgehend unstrittige Gesetz. SPD und Grüne verwiesen darauf, dass der Bundestag gefordert hatte, eine Weiterbeschäftigung bereits ab einer Erwerbsminderung von 30 Prozent zu gewähren. Darauf seien vor allem Soldaten angewiesen, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden. Solche Traumata würden in der Regel nicht als 50-prozentige Erwerbsminderung eingestuft. Kritisch sieht dies auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus. Während der abschließenden Beratung seines Jahresberichts am 22. September hatte er die Parlamentarier aufgerufen, den Gesetzentwurf im Sinne des gemeinsam beschlossenen Antrags nachzubessern.