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Geld gegen Bekenntnis

EXTREMISMUS-BEKÄMPFUNG Koalition verteidigt Demokratieerklärung gegen Oppositionskritik

04.10.2011
2023-08-30T12:16:49.7200Z
3 Min

Seit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) vor knapp einem Jahr ankündigte, Initiativen gegen Extremismus künftig das Bekunden ihrer Vefassungstreue abzuverlangen, tobt im Bundestag ein regelrechter Bekenntnisstreit. Am vergangenen Donnerstag ging die Auseinandersetzung zwischen Koalition und Opposition in eine neue Runde. Redner der SPD-, Links- und Grünen-Fraktion forderten in der Debatte die Abschaffung der Erklärung "zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung". Mit dieser müssen sich Träger von Projekten gegen Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus zur Demokratie bekennen, wenn sie staatliche Fördergelder bekommen wollen. Aus Sicht der Fraktionen von CDU/CSU und FDP versteht sich das von selbst. "Ich weiß nicht, wo das eigentliche Problem liegt", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues (CDU).

Dem Grundgesetz verpflichtet

"Man könnte ja sagen: Was ist dabei?", griff die Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau (Die Linke), die Worte Kues' auf. Sie verwies darauf, dass die Initiativen nicht nur ihre eigene Verfassungstreue bekunden müssten, sondern verpflichtet seien, "ihre gesellschaftlichen Partner zu observieren". Pau bezog sich auf den folgenden Passus in der zu unterzeichnenden Erklärung: "Als Träger der geförderten Maßnahmen haben wir zudem im Rahmen unserer Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten." Für die Linksparlamentarierin ist das "eine Unkultur des Misstrauens, und das lehnen wir ab". Die Grünen-Abgeordnete Monika Lazar pflichtete Pau bei. Wer sich gegen Rechtsextremismus engagiere, "stärkt unsere Demokratie, und wir brauchen nicht weniger, sondern mehr davon", betonte sie. Die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe fügte hinzu, dass auch der Bund der Vertriebenen Steuergelder bekomme, ohne eine Extremismuserklärung abgeben zu müssen.

Kues hielt der Opposition entgegen, "der Großteil der Träger" habe "überhaupt keine Probleme" mit der Unterzeichnung der Demokratieerklärung. "Natürlich tun das die meisten, da sonst ihre Projekte gestoppt würden oder sogar ihre Existenz auf dem Spiel stünde", erwiderte Lazar. Ihr seien aber Träger bekannt, "die wegen der Klausel gar keine Anträge mehr stellen und somit in der Statistik natürlich nicht auftauchen".

"Das sind die typischen Beißreflexe von Ihnen", kommentierte die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär die Oppositionskritik. Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert sagte, das Verfassungsbekenntnis sei "eine Selbstverständlichkeit". Gleichwohl signalisierte er Gesprächsbereitschaft in der Frage, inwieweit sich die Garantieerklärung auf Mitarbeiter und Ehrenamtliche erstrecken müsse. "Auch ich finde, hier sollte man darauf achten, dass man nicht unpraktikable, in der Sache nicht gerechtfertigte und zu weitgehende Regelungen trifft, betonte Ruppert.

In dem zur Abstimmung stehenden Antrag der Koalitionsfraktionen (17/4432) spielte dies keine Rolle. Darin unterstützen Union und FDP den Kurs der Bundesregierung, nicht nur den Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit fortzusetzen, sondern auch Strategien und Programme zur Bekämpfung von Linksextremismus und religiösem Extremismus zu entwickeln. Seit dem Jahr 2011 würden diese Ziele in den Programmen "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" und "Initiative Demokratie stärken" gefördert, heißt es in der Vorlage, die der Bundestag gegen die Stimmen der Opposition annahm. Die Anträge der Frakitonen von SPD, Linke und Grünen (17/3867, 17/4664, 17/3045, 17/2482) wurden abgelehnt. In ihnen wird unter anderem eine Fokussierung der Bundesprogramme auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus gefordert.