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Kurz notiert

04.10.2011
2023-08-30T12:16:50.7200Z
4 Min

Er ist der Guru unter den Finanzwissenschaftlern und fehlt in keiner Talksendung, wenn es um die Zukunft des Euros geht. Max Otte, der selbst erfolgreicher Fondsmanager ist, kann für sich den Anspruch nehmen, früher als viele andere Ökonomen vor der Krise des Finanzsystems gewarnt zu haben. Das kommt ihm zu Gute, wenn er sich wortgewaltig in seiner Streitschrift zu Wort meldet, die es in sich hat.

Für Otte stehen angesichts der milliardenschweren Rettungspakete und Schutzschirme in Europa die Schuldigen fest: Die Banken! "Unser Geld geht nicht nach Griechenland, Irland oder Portugal - nein, es fließt wieder an die Banken, die sich ein weiteres Mal verzockt haben, diesmal mit griechischen Anleihen. Fakt ist: Es gibt überhaupt keine Euro-Krise. Wir stehen mitten in einer neuen Bankenkrise. Nutznießer sind wieder einmal Investmentbanken und Superreiche." Solche Sätze werden viele Freunde finden. Und Ottes Forderungen ebenso: "Wir müssen die Herrschaft der Finanzoligarchie beenden!" Gemeint sind damit Goldman-Sachs und Kollegen in England und Amerika, in Deutschland vor allem die Deutsche Bank. Gemeint ist damit aber auch eine Politik, die es den Finanzmärkten zu einfach mache.

Otte fordert einen klaren Schuldenschnitt für Griechenland unter Beteiligung der Banken. Und notfalls auch einen Austritt von Schuldenstaaten wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien aus der Eurozone. "Noch heute verzichten viele Mitglieder der Europäischen Union auf den Euro, zum Beispiel Schweden, Dänemark, Polen und die Tschechische Republik. Und sie fahren gut damit", schreibt Otte. Was Europa in erster Linie brauche, seien rigide Finanzmarktreformen, mehr Eigenkapital bei Banken, eine europäische Ratingagentur und eine Finanztransaktionssteuer. Und deutschen Sparern gibt der Finanzanalyst zum Schluss einen guten Rat für die Zukunft mit. Sie sollten das eigene Geld bei Sparkassen anlegen. Die hätten in der Vergangenheit nicht "gezockt".

Max Otte:

Stoppt das Euro-Desaster!

Ullstein Verlag, Berlin 2011; 47 S., 3,99 €

Europa steht derzeit nicht gerade hoch im Kurs. Eine Krise jagt die andere. Dabei lohnt eine Debatte über Europa allemal, meint der ehemalige Chefvolkswirt der deutschen Bank, Norbert Walter. Europa als die Wiege abendländischer Kultur, als Ort größter künstlerischer, technischer und unternehmerischer Kreativität habe es nicht verdient, in Verruf zu geraten. Walter plädiert deshalb für den Euro und einen großen, einheitlichen Währungs- und Wirtschaftsraum, der es im Zeichen der Globalisierung mit dem amerikanischen Dollar und dem chinesischen Renminbi aufnehmen kann und auch geradezu muss.

"Die Welt beneidet uns um Europa", lautet Walters Credo. In Asien und im Nahen Osten blicke man neidisch auf den alten Kontinent und seine Fähigkeit, auch widerstreitende Interessen politisch zu bündeln und friedlich zu regeln. "Wir brauchen deshalb nicht weniger, wir brauchen mehr Europa", lautet seine Forderung angesichts der Staatsschuldenkrise. Dazu gehöre auch, "die hohe Kunst der Umschuldung" wieder zu erlernen. Lateinamerika liefere dazu Vorbilder und der Internationale Währungsfonds mit seinem so genannten Pariser und Londoner Club zur Schuldenregulierung zwischen staatlichen und privaten Gläubigern auch das passende Instrumentarium. Auf keinen Fall dürfe die Währungsunion auseinanderbrechen. Alleine und auf sich gestellt oder im Verbund nur der finanzstarken Euroländer könne man auf den Weltmärkten nicht bestehen. Deshalb brauche es dringend eine neue Stabilitätskultur in Europa mit harten Sanktionen für all diejenigen, die sich nicht an einmal getroffene Absprachen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik hielten.

Allerdings dürfe die Europäische Union sich auch nicht unnötig verzetteln, mahnt Walter. Die Europäer, hätten vielfach in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass die EU Kompetenzen beansprucht, die von der Krümmung der Salatgurke bis hin zu Produktionsstandards bei der Beleuchtung und dem Verbot von Glühbirnen reichten. Das aber sei ein Irrweg.

Norbert Walter:

Europa. Warum unser Kontinent es wert ist, dass wir um ihn kämpfen.

Campus Verlag, Frankfurt/M. 2011; 254 S., 24,99 €