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Geldwaschmaschine läuft

FINANZEN Sachverständige enttäuscht von Planungen der Regierung - Wirtschaft sieht neue Bürokratie

24.10.2011
2023-08-30T12:16:51.7200Z
4 Min

Ein Mann sitzt vor einem Spielautomaten. Stunde um Stunde wirft er Kleingeld in die Maschine und scheint auf den großen Gewinn zu hoffen. Der Eindruck kann täuschen. Längst sind diese Automaten nicht nur Vergnügen oder in vielen Fällen eine Gefahr für Suchtgefährdete. Kriminelle haben die Automaten entdeckt. Bis zu 20.000 Euro pro Monat können pro Gerät auf ganz einfache Weise "gewaschen" werden.

Wie geschmiert

Dass die Geldwaschmaschine wie geschmiert läuft, liegt für Experten an fehlenden Kontrollen der Spieler. Jeder über 18 Jahre kann in Spielhallen gehen, Personalien werden nicht erfasst. Viele kommen, um zu spielen. Einige haben jedoch Geld aus Rauschgifthandel, Zigarettenschmuggel oder anderen Unterweltgeschäften bei sich und werfen dies fleißig ein. Gewinn soll es keinen geben, denn der Spieler steckt mit dem Betreiber der Halle unter einer Decke. Der streicht das eingeworfene Geld ein, verbucht es als Einnahmen, zahlt davon Miete, Strom und andere Kosten, versteuert den Rest und hat den Nettogewinn für legale Investitionen frei. Vielleicht kauft er davon ein Geschäftsgebäude und eröffnet eine weitere Spielhalle.

Bei einer Anhörung des Finanzausschusses am vergangenen Mittwoch forderten die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft sowie die Deutsche Steuer-Gewerkschaft harte Maßnahmen gegen die Geldwäsche. Es sei davon auszugehen, dass in Deutschland über 50 Milliarden Euro gewaschen würden. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter machte am Beispiel einer Spielhalle deutlich, welche Dimension das Problem hat: In einem Spielgerät würden sich bei acht Spielstunden täglich 640 Euro einwerfen lassen. Möglich wären bis zu 20.000 Euro pro Gerät und Monat, die auf diese Weise gewaschen werden könnten. Und es gebe kaum noch Spielhallen mit weniger als einem Dutzend Geräte. In einem Positionspapier zur Anhörung wird auf Gutachter verwiesen, denen völlig unverständlich sei, "warum jede moderne Registrierkasse eine bessere Nachvollziehbarkeit der erfolgten Einnahmen, Ausgaben und Umsätze bietet als Geldspielgeräte."

Entwurf vorgelegt

Die Bundesregierung hat zwar inzwischen einen Gesetzentwurf zur Optimierung der Geldwäscheprävention (17/6804) vorgelegt, doch stießen zahlreiche Regelungen nicht nur bei den Kriminalbeamten auf Widerstand, die dringend eine Regelung der Spielhallenproblematik forderten. Nach dem Gesetzentwurf sollen bestimmte Pflichten auf den Nichtfinanzsektor (unter anderem Immobilienmakler, Spielbanken, Steuerberater und Rechtsanwälte) ausgeweitet werden. In Zukunft sollen persönliche Daten beim Erwerb von anonymen Prepaid-Karten erfasst werden müssen. Außerdem sollen Betriebe mit mindestens neun Beschäftigten einen "Geldwäschebeauftragten" ernennen müssen.

Die Ernennung eines Geldwäschebeauftragten war wiederum der Wirtschaft zu viel des Guten. Dies bedeute "eine nicht erforderliche Überregulierung und neue Bürokratie", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Zu der Verpflichtung zur Bestellung diverser Beauftragter käme ein weiterer Beauftragter hinzu, der geschult oder für die Erfüllung dieser Aufgabe freigestellt werden müsste", schrieben die Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Katharina Beckemper (Universität Leipzig) erklärte, bereits die Pflicht zu Ernennung von "Antikorruptionsbeauftragten" habe zu einer unglaublichen Mehrbelastung besonders in Behörden geführt. Es werde aber überwiegend nicht die Korruption bekämpft, sondern es würden Geschenke kontrolliert.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) protestierte gegen die geplante Regelung, dass beim Vertrieb von "E-Geld" (Prepaid-Karten) künftig in allen Fällen die persönlichen Daten des Kunden festgestellt werden müssen. Dadurch hätten 60.000 Verkaufsstellen von Bäckereien, die auch solche Karten vertreiben würden, künftig die Personalien festzustellen. "Das ist das Gegenteil von Bürokratieabbau", warnte der ZDH. Die Einführung von Geldwäschebeauftragten kommentierte die Organisation mit dem Hinweis, es würden hohe Kosten entstehen, ohne dass es zu einer besseren Bekämpfung der Geldwäsche komme.

Kontrollen an Tankstellen

BDI und BGA sprachen sich dagegen aus, dass selbst Supermärkte und Tankstellen eine Identifizierung ihrer Geschäftspartner vorzunehmen hätten. Der Vertreter von "Lekkerland", einer Firma, die Tankstellen und Kioske beliefert, sprach die Erwartung aus, dass es für die kleinen Betriebe mit dem Prepaid-Geschäft vorbei sein werde, wenn die Regelung unverändert in Kraft treten werde.

Vertreter von Finanzaufsicht, Sicherheitsbehörden und Gewerkschaften widersprachen den Argumenten der Wirtschaft heftig. Ein Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wies darauf hin, es gehe nicht um Prepaid-Aufladungen des Handys, sondern um völlig anonyme Karten, die gekauft würden und deren Gegenwert an Automaten in bar ausgezahlt werden könne. Er warf dem Vertreter der Fima "Lekkerland" sogar vor, die Abgeordneten "hinters Licht zu führen".

Der Vertreter des Bundeskriminalamtes (BKA) sagte, man sehe bisher nur einen Bruchteil der Aktivitäten. Mit dem E-Geld könne das Geld in einem Bruchteil von Sekunden rund um den Globus transferiert werden. Dass diesen Transfers keine Personen zugeordnet werden könnten, sei ein "Horrorszenario". Die Entwicklung sei dramatisch.