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Kurz notiert

31.10.2011
2023-08-30T12:16:51.7200Z
4 Min

Dass die Finanzkrise weitaus mehr ist als eine Krise des kapitalistischen Systems, stellt sich mit jedem neuen Gipfeltreffen in Europa und auf G20-Ebene heraus. Nichts wird mehr so bleiben wie es war. In der EU nicht, im Verhältnis der EU zu den Vereinigten Staaten nicht und auch im Verhältnis der westlichen Industrieländern zu den aufstrebenden Schwellenländern und hier vor allem China nicht. Auf die damit verbundenen globalen und vor allem ethischen Fragen geht dieser im Umkreis der Münchener Hochschule für Philosophie herausgegebene Tagungsband ein.

Er beginnt bei der hinlänglichen Fragestellung, ob wir es bei der Krise mit einem Markt- oder mit einem Staatsversagen zu tun haben und ob die Verteilung von Verantwortung und Haftung in einem ausgewogenen Kräfteverhältnis in der Vergangenheit stand. Es folgen eine Reihe von Beiträgen, die die Auswirkungen der Krise in den Entwicklungs- und Schwellenländern zum Thema haben und sich dabei zum Beispiel einer so interessanten Fragestellung widmen, ob die riesigen Finanzsummen, die zur Behebung der Krisen bewegt wurden, auf Kosten einer künftigen Klimaschutzpolitik gehen werden. Was bedeutet es zum Beispiel, wenn ein Land wie China immer mehr die Rolle des entwicklungspolitischen Financiers vom Westen übernimmt? Ein anderer Beitrag hat die nicht minder interessante Frage nach den ethischen Maßstäben für Risikostrategien im Finanzsektor zum Thema, denn ohne Innovationen wird auch hier in Zukunft nicht viel laufen. Und wie kann man in einem Staaten- und Währungsverbund wie der EU diejenigen "bestrafen", die sich nicht an die gemeinsamen Spielregeln halten? Durch Sanktionen, die sowieso schon überschuldete Staaten treffen, oder doch eher durch Instrumente, die Staaten rechtzeitig zum Abbau von Schulden zwingen?

Johannes Wallacher und Matthias Rugel präsentieren zu diesen Fragen als Herausgeber hochinteressante und vor allem lesenswerte Antworten ihrer Gastautoren, die eine neue Dimension im Verständnis der Krise aufstoßen.

Johannes Wallacher/Matthias Rugel (Hg.)

Die globale Finanzkrise als ethische Herausforderung

Kohlhammer

180 S. 26,00 €

Schuldenschnitt, Gläubigerbeteiligung und gehebelte Rettungsschirme: Griechenlands Staatsfinanzen beschäftigen seit geraumer Zeit Politiker und Finanzmärkte. In der öffentlichen Diskussion werden die Griechen in Deutschland dann schon mal zu faulen Schmarotzern und deutsche Politiker in Griechenland zu Nazis. Ressentiments helfen jedoch nicht dabei, die gegenwärtige Krise zu lösen - die Ursachen der Krise zu verstehen, eventuell schon.

Dieser Meinung ist zumindest der Journalist Wassilis Aswestopoulos, der sich in seinem Buch "Griechenland - eine europäische Tragödie" mit den Gründen für die aktuelle Krise auseinandersetzt. Für ihn steht fest, dass die Finanzkrise nur Auslöser der Probleme war, nicht aber deren Ursache. Diese sieht er viel mehr im politischen System Griechenlands selbst angelegt. Denn das zeichne sich vor allem durch Bürokratie, Vetternwirtschaft, aber auch Korruption aus.

Für diese Fehlentwicklungen gibt es nach Awestopoulos jedoch Gründe, die er in die Geschichte Griechenlands nach dem Zweiten Weltkrieg einbettet. So werden die aktuellen Defizite des Landes mit den politischen Entwicklungen während der 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Insgesamt sei das Wirtschaftssystem in den Jahren nach der Militärdiktatur (1967-74) zu sehr auf den Konsum und nicht auf die Produktion ausgerichtet worden - die Griechen verdienten im Vergleich zu ihrer Produktivität zu gut. Wohlstand und Konsum waren über Kredite und Subventionen erkauft. Aber eine solche Politik des Wohlstands durch Konsum sei eben auch Antwort auf die starke Ungleichverteilung des Reichtums durch die Wirtschaftspolitik der Militärdiktatur, lautet die Argumentation des Autors.

Das Buch ist vor allem als allgemeinverständlicher Crashkurs in griechischer Zeitgeschichte und als Einstieg in die griechische Schuldenproblematik jenseits von Ressentiments durchaus lesenswert. Wissenschaftliche Geschichtschreibung sollte jedoch nicht erwartet werden.

Wassilis Aswestopoulos

Griechenland - eine europäische Tragödie

ambition

240 S. 24,99 €