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Schröder verteidigt Klausel

FAMILIE Bundestag verzichtet auf geplante Kürzungen bei Mitteln gegen Extremismus

28.11.2011
2023-08-30T12:16:53.7200Z
3 Min

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) wollte über Erfolge reden, am liebsten über die mehr als 4,9 Milliarden Euro, die im Etat 2012 ihres Hauses für das Elterngeld vorgesehen sind (17/7116). Dass bei diesem Posten sogar eine nochmalige Aufstockung um 300 Millionen Euro im Vergleich zum Regierungsentwurf nötig geworden sei, zeige, dass hier "die richtigen Prioritäten" gesetzt worden seien, sagte die Ministerin am vergangenen Donnerstag in der Aussprache über ihren Etat des kommenden Jahres. Mehr als ein Viertel der Väter nehme inzwischen eine Auszeit, um sich um den Nachwuchs zu kümmern - und definiere so die Vaterrolle neu. Dies sei "eine Politik der Wahlfreiheit" und entspreche "den Bedürfnissen der Menschen".

Doch die Debatte um den 6,79-Milliarden-Euro-Etat der Familienministerin drehte sich nicht vornehmlich um die Erfolge Schröders, sondern um genau die Streitpunkte, die sowohl die Familienpolitik als auch die Extremismusbekämpfung des Bundes in den vergangenen Wochen begleiteten. Während die geplante Kürzung des Haushaltstitels "Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie" um zwei Millionen Euro auf 29 Millionen Euro, die die Opposition besonders erbost hatte, bereits zwei Tage zuvor durch einen Änderungsantrag der Koalition (17/7826) wieder rückgängig gemacht worden war, sorgten die Kürzungen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für weitere Auseinandersetzungen: Hier haben die Haushälter des Bundestages die Mittel für Sachverständige, Geschäftsbedarf und Öffentlichkeit gekürzt - auch deshalb, weil die Einrichtung ihr Budget für 2011 bei weitem nicht ausgeschöpft habe, wie die FDP-Familienexpertin Miriam Gruß betonte. Es handele sich um einen "deutlich sechsstelligen Betrag", der unverbraucht geblieben sei. Auch der CDU-Haushälter Andreas Mattfeldt erklärte, man müsse fragen, ob die Einrichtungen der "Sozialindustrie" die Gelder, die sie vom Bund bekämen, wirklich immer zum Wohl der Gesellschaft einsetzen. Nicht immer seien "der 50.000ste Flyer und die 6.000ste Broschüre" auch "zielführend".

Dagegen kritisierte die Grünen-Familienpolitikerin Monika Lazar, die Kürzungen bei der Einrichtung, die mit 2,9 Millionen Euro ohnehin schon "nicht üppig ausgestattet" gewesen sei, um zirka zwölf Prozent seien "nicht nachvollziehbar". Für Die Linke bedauerte ihr Haushaltsexperte Steffen Bockhahn ebenfalls die Kürzungen - bereits geplante Initiativen könnten nun scheitern, warnte er.

Dagegen lobte Bockhahn, dass die geplanten Kürzungen bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus um zwei Millionen zurückgenommen worden seien. Es sei jedoch "schlimm, dass es dazu eines solchen Anlasses bedurfte", fügte er hinzu. Auch sei unverständlich, warum Projekte zur Bekämpfung des Rechtsextremismus nur bis maximal 50 Prozent gefördert werden könnten, Projekte zur Bekämpfung des Linksextremismus jedoch bis zu 90 Prozent. Diese "objektive Ungleichbehandlung" sei ein "falsches Signal". Lazar warf der Ministerin vor, mit ihrer umstrittenen Extremismusklausel vielen Initiativen gegen Rechtsextremismus ihre Arbeit zu erschweren.

Zum Grundgesetz bekennen

Dies sah Schröder, die anders als die Opposition statt von einer Extremismus- von einer Demokratieklausel spricht, anders: Es sei nicht zu viel verlangt, wenn Initiativen, die Staatsgelder beantragten, sich zum Grundgesetz bekennen sollen, argumentierte sie. Man wolle nicht "Extremismus mit Extremisten bekämpfen". Es mache sie sehr nachdenklich, mit welchen Methoden nun einige versuchten, "parteipolitischen Gewinn" aus der Mordserie von Neonazis zu ziehen.

Für Streit sorgte in der Debatte einmal mehr auch eine Leistung, die im Etat 2012 noch gar nicht enthalten ist: das von der Koalition geplante Betreuungsgeld, das Eltern ab 2013 erhalten sollen, wenn sie ihre unter dreijährigen Kinder nicht in in einer Kita betreuen lassen. Für die SPD-Fraktion sagte Caren Marks, die Ministerin könne die Probleme wie mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu wenig Betreuungsplätze und mangelnde Gleichstellungspolitik nicht lösen. Familien bräuchten ein verlässliches und den Bedarf deckendes Betreuungsangebot; das Betreuungsgeld sei hingegen eine "gesellschaftspolitische Katastrophe". Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner kritisierte, die Leistung, die jährlich mit bis zu zwei Milliarden Euro zu Buche schlagen werde, strafe alle Beteuerungen zur Haushaltsdisziplin Lügen und solle nur vom Versagen beim Kita-Ausbau ablenken.

Dass bei diesem Thema weiterer Streit auch in der Koalition zu erwarten ist, deutete für die FDP-Fraktion Miriam Gruß an: Sie verfolge "mit Interesse" die Debatte innerhalb der Union um das Betreuungsgeld - und sei offen gegenüber allen Optionen zu dessen konkreter Ausgestaltung.