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Einheitliche Praxis noch nicht in Sicht

Rentenrecht Alle wollen neue Ungerechtigkeiten vermeiden. Darüber hinaus bleibt vieles unklar

19.12.2011
2023-08-30T12:16:54.7200Z
2 Min

Es bleibt ein heißes Eisen, das alle Beteiligten nur mit spitzen Fingern anfassen: die Schaffung eines bundeseinheitlichen Rentenrechts. Das wurde während der Bundestagsdebatte am vergangenen Freitag deutlich, als drei Anträge der Opposition und eine Große Anfrage an die Regierung zu diesem Thema zur Diskussion standen.

Verwunderlich ist die Vorsicht nicht. Fast unüberschaubar ist die Gemengelage aus unterschiedlichsten Interessen und Sonderfällen. Maria Michalk (CDU) hatte dafür die richtigen Zahlen parat: Neben der gesetzlichen Sozialversicherung mussten im Zuge der Wiedervereinigung allein 27 Zusatzversorgungs- und fünf Sonderversorgungssysteme der DDR in bundesdeutsches Rentenrecht überführt werden. Unter letztere fallen zum Beispiel auch Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit, die man nicht weiter privilegieren wollte. Gleichzeitig mussten Ansprüche aus den "normalen" berufsständischen Zusatzversicherungen "überführt" werden.

Gefühlte Ungerechtigkeiten

Da der "Teufel hier im Detail" steckt, wie es Iris Gleicke (SPD) formulierte, konzentriert sich die öffentliche Debatte meist auf die unterschiedliche rentenrechtliche Bewertung der Einkommen in Ost und West. Die Höherwertung der Ost-Einkommen, geregelt im Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) von 1991, sollte die damals drastischen Einkommensunterschiede zumindest für die Rentenberechnung ausgleichen. Doch diese Höherwertung existiert nach wie vor, was vor allem bei Westdeutschen für Unmut sorgt. Ostdeutsche dagegen ärgern sich über den immer noch niedrigeren Rentenwert-Ost. Dieser Faktor ist Teil der Rentenberechnung und liegt im Westen der Republik höher.

SPD und Linke fordern in ihren Anträgen (17/6486, 17/6487, 17/7034) eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, um die Rentenüberleitung abschließend zu klären. Die SPD fordert außerdem einen "Härtefallfonds" für Betroffene, deren Ansprüche aus DDR-Zeiten nicht mehr rentenpolitisch zu klären sind. Darüber hinaus verlangt sie eine Angleichung pauschal bewerteter Versicherungszeiten wie Zeiten der Kindererziehung.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel, lehnte eine Arbeitsgruppe ab. Es sei naiv zu glauben, ein solches Gremium könne die differenzierten Probleme lösen, sagte er. Eine konkrete zeitliche Perspektive für ein einheitliches Rentenrecht nannte er nicht. Gleicke (SPD) nannte dagegen das Auslaufen des Solidarpaktes II 2019 als zeitliches Orientierungsfenster. Bis dahin müssten die Einkommensunterschiede ausgeglichen werden, dann sei auch die Höherwertung der Einkommen hinfällig. Martina Bunge (Die Linke) kritisierte, dass die Regierung noch immer keinen Zeitplan für die Angleichung vorgelegt habe und forderte einen einheitlichen Rentenwert für Ost und West. Dem schloss sich auch Wolfgang Strengmann-Kuhn (Die Grünen) an - allerdings eingeschränkt. Denn er verlangte für den Fall ein gleichzeitiges Ende der Höherwertung der Ost-Einkommen. Das lehnt die Linke ab. Heinrich L. Kolb (FDP) wies darauf hin, dass die Ost-West-Angleichung der Löhne zwar stagniere, dass es aber mittlerweile bundesweit regionale Lohnunterschiede jenseits der Ost-West-Marke gebe, woraus wiederrum neue Verteilungsfragen entstünden.