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Kurz notiert

23.01.2012
2023-08-30T12:17:23.7200Z
4 Min

Zum Jahreswechsel verursachte Teherans Führung erneut eine politische Krise, als sie drohte, die Straße von Hormus zu schließen. Ein Marinemanöver beunruhigte nicht nur die westlichen Industrienationen, sondern auch die asiatischen Ölimporteure - an der Spitze China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Reich der Mitte gibt jährlich Milliarden US-Dollar aus, um derartige Krisen zu verhindern und zuverlässige Energielieferungen in die "Fabrik der Welt" sicherzustellen. Zugleich rüstet Peking auf den Weltmeeren massiv auf.

Die Wissenschaftler Yoshi Yoshihara und James R. Holmes, Dozenten am Institut für Strategie und Politik des Naval War College in Newport, veröffentlichten jetzt ein herausragendes Buch über die Auswirkungen der chinesischen Strategie, die sich je nach Lage mal kooperativer oder konfrontativer Mittel bedient, auf die amerikanische Sicherheitspolitik in Asien. Zu ihrem besonderen Kennzeichen gehört, dass die chinesische Führung im Allgemeinen ihre Interessenpolitik unter dem Deckmantel des Strebens nach "Harmonie" zu verbergen sucht. Wenn es um den freien Zugang zu den Weltmeeren geht, verschleiert Peking seine Ziele nicht: China wolle eine "mächtige Volksmarine" aufbauen, die "ihre historische Mission in einem neuen Jahrhundert" erfüllen werde, versicherte Präsident Hu Jintao. Die Flotte solle die "glorreiche Aufgabe" übernehmen und die chinesischen Interessen "zu jeder Zeit" wahren, vor allem aber müsse die Marine "die Zugänge" zu den Rohstoffgebieten dauerhaft offenhalten.

Die Autoren der Studie betonen, dass die Europäer die zukünftigen Aufgaben der Marine eher in Polizeieinsätzen sähen als in der Auseinandersetzung mit feindlichen Flotten. Die USA aber, die ihre Rolle als oberste Beschützerin der freien Schifffahrt und als Wächterin über die Seewege definierten, beobachteten den maritimen Aufstieg Chinas mit Sorge. Denn ein "ebenbürtiger Mitbewerber" oder gar ein Rivale auf hoher See würde die nationalen Interessen Amerikas bedrohen.

Yoshi Yoshihara, James R. Holmes:

Der Rote Stern über dem Pazifik. Chinas Aufstieg als Seemacht - und wie antworten die USA.

Mittler Verlag, Hamburg 2011; 258 S., 24,95 €

Wie kam es dazu, dass einige kleinere Staaten am Westrand Eurasiens um das Jahr 1500 begannen, ihren Einfluss über die ganze Welt auszudehnen und wesentlich bevölkerungsreichere Landmassen zu erobern? Mit dieser Fragestellung gibt sich der renommierte Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson nicht zufrieden. Vielmehr will er wissen, ob sich auf der Grundlage dieser Erfolgsgeschichte gleichzeitig der Aufstieg des Ostens prognostizieren lässt. Sind wir tatsächlich Zeugen des Endes der westlichen Vormachtstellung und damit des Abstiegs jener Zivilisation, die im Gefolge von Renaissance und Reformation, Aufklärung und Industrialisierung ihren Zenit erreichte? Wer ist dafür verantwortlich?

Ohne zu zögern verweist Ferguson auf die Politik von US-Präsident George W. Bush. Er habe sich in die Abhängigkeit des ostasiatischen Kapitals begeben, um das Haushaltsdefizit und die niedrige Steuerquote zu finanzieren. "Der Niedergang des nie proklamierten amerikanischen Imperialismus" sei im Herzen des Imperiums selbst herbeigeführt worden: "Hätte der amerikanische Konsument nicht auf billige chinesische Arbeitskräfte und billiges chinesisches Kapital zurückgreifen können", fiele die Weltfinanzkrise heute nicht so vernichtend aus.

Anhand einer umfassenden geschichts- und wirtschaftswissenschaftlichen Darstellung und Analyse der Bereiche Wettbewerb, Wissenschaft, Eigentumsrechte, Medizin, Konsumgesellschaft und Arbeitsethik erläutert der Harvard-Professor das Wesen der "westlichen Zivilisation". Die von Ferguson ausgewählten Merkmale hätten den Westen vom Rest der Welt unterschieden und seine globale Machtstellung begründet. Inzwischen hätten die Chinesen den Kapitalismus "übernommen". Dies bedeute jedoch nicht, dass die westliche Art die Dinge zu gestalten, überholt sei. Vielmehr blühe und gedeihe sie allenthalben. Fergusons optimistisches Fazit lautet denn auch: Das westliche "Gesamtpaket" ist noch immer am besten geeignet, um die Probleme des 21. Jahrhundert zu meistern.

Niall Ferguson:

Der Westen und der Rest der Welt. Die Geschichte vom Wettstreit der Kulturen.

Propyläen Verlag. Berlin 2011; 559 S., 24,99 €