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Die Bankenkrise lauert wieder

FINANZEN I Zur Stabilisierung der Finanzinstitute schnürt die Koalition ein gigantisches Hilfspaket auf Vorrat

23.01.2012
2023-08-30T12:17:23.7200Z
3 Min

Nach der Krise ist vor der Krise. Um bei neuen Turbulenzen auf den Finanzmärkten und im Bankensystem gerüstet zu sein, sollen umfangreiche Garantien und Kreditermächtigungen vorgehalten werden. Dies diene den Arbeitnehmern, Sparern und auch Unternehmen, die ihre Finanzgeschäfte unkompliziert und sicher in einem funktionsfähigen Finanzmarkt durchführen wollten, erläuterte Steffen Kampeter (CDU/CSU-Fraktion), Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, am vergangenen Donnerstag bei der ersten Beratung des von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP vorgelegten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (17/8343) im Deutschen Bundestag.

Mit dem vom Bundestag an die Ausschüsse überwiesenen Entwurf für ein "Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz" soll Finanzinstituten die Möglichkeit gegeben werden, erneut Hilfen beim Staat zu beantragen (Einzelheiten unten auf dieser Seite). Kampeter sagte, Finanzmarktstabilität sei ein "gemeinwohlorientiertes Anliegen, für das es sich einzutreten lohnt". 2008 sei man von der Krise "eiskalt erwischt" worden und habe sehr schnell das erste Finanzmarktstabilisierungsgesetz verabschieden müssen. Seit Herbst des letzten Jahres sei klar geworden, dass man möglicherweise erneut Garantien brauchen könne, nachdem das erste Gesetz Ende 2010 ausgelaufen war. Der Befund ist laut Kampeter klar und deutlich: Durch die hohe Staatsverschuldung gebe es Verwerfungen auf den Märkten und Misstrauen unter den Banken. "Dieses Mal wäre es verantwortungslos zu warten, bis das Kind in den Brunnen fällt", erklärte Kampeter und stellte fest: "Wir wollen Verantwortung zeigen, bevor es zu krisenhaften Verwerfungen, kommt, die wir nicht erwarten, aber im Bereich des Möglichen liegen."

Öffentliches Gut

Grundsätzliche Unterstützung fand der Gesetzentwurf bei den Sozialdemokraten. Finanzmarktstabilität sei ein "öffentliches Gut", betonte Bettina Hagedorn für die SPD-Fraktion. Sie kritisierte jedoch, dass das erste Gesetz automatisch Ende 2010 ausgelaufen sei. Die SPD-Fraktion habe wiederholt eine Verlängerung angemahnt. Außerdem wandte sie sich gegen die Instrumente des Gesetzes wie Garantien und stille Beteiligungen. Der SPD wären direkte Beteiligungen über Stammaktien lieber gewesen. Dann könne man an Kurssteigerungen mitverdienen.

"Als Baustein in der europaweiten Bekämpfung der derzeitigen Staatsschuldenkrise" sagte Florian Toncar für die FDP-Fraktion zum Gesetzentwurf. Es müsse wieder Vertrauen in den Bankensektor geschaffen werden - europaweit. Die Banken würden ihr Geld bei der Notenbank anlegen, statt es sich gegenseitig zu leihen. Dieses Misstrauen im Bankensektor sei ein Zeichen für Handlungsbedarf. Toncar wies darauf hin, dass vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) gestützte Banken dafür zahlen müssten. Umsonst gebe es nichts.

Äußerst kritisch wurden die Bankenrettungsinstrumente von den anderen Opppostionsfraktionen bewertet. Roland Claus (Fraktion Die Linke) machte Widersprüche in der Union aus. Es würden jetzt gigantische Hilfen für Banken zur Beschlussfassung anstehen. Noch in der Großen Koalition habe Kampeter gegen solche Vorschläge zur Bankenrettung aus Reihen der SPD gewettert und von "Teufelszeug" gesprochen. "Das muss jetzt gesagt werden: Sie können nicht der Linken permanent Verstaatlichungswahn vorwerfen und dann selbst munter mit Steuergeld Banken verstaatlichen wollen, was in Wirklichkeit eine Verstaatlichung von Schulden ist. Das passt nicht zusammen." Claus erinnerte daran, dass die Bilanz der Bankenrettung bisher in zweistelligen Milliardenverlusten bestehe. Die beiden größten Schrottbanken seien jetzt in Staatshand. Und die Deutsche Industriebank (IKB), die zuerst staatliche Hilfe erhalten habe, "wurde inzwischen an eine Heuschrecke verschenkt". Die Commerzbank sei gerettet worden , ohne was dafür zu bezahlen. Und jetzt solle das alles wieder von vorne anfangen, kritisierte Claus.

Auch Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) wies darauf hin, dass die EU-Kommission dem Finanzminister habe in den Arm fallen müssen, damit die Commerzbank nicht noch bessere Konditionen erhalte, "die den Steuerzahler geschädigt und die Bankaktionäre gut gestellt hätten. Das ist ein Teil der Bilanz der Bankenrettung in Deutschland." Schick erklärte, derzeit finde die eigentliche zweite Bankrettung auf einer ganz anderen Ebene statt. Die Europäische Zentralbank habe den Banken 489 Milliarden Euro zu Billigkonditionen zur Verfügung gestellt. Dort gebe es keine Transparenz, keine Deckelung der Gehälter und keine Beteiligung privater Aktionäre. "Diese zweite Art von Bankenrettung ist das eigentlich Skandalöse", kritisierte Schick.

Besonders beliebt scheint die Rettung durch den Staat bei den Banken nicht zu sein. Die Commerzbank erklärte, sie wolle keine Staatshilfen mehr. Und die IKB sammelt inzwischen mit hohen Zinsangeboten private Spargelder ein.