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Neuer Vorstoß zu Ghetto-Renten

WIEDERGUTMACHTUNG Rückwirkende Auszahlung ab 1997 angestrebt

30.01.2012
2023-08-30T12:17:24.7200Z
2 Min

Holocaust-Überlebende sollen nach dem Willen der Fraktion Die Linke Renten aus einer Beschäftigung in einem Ghetto nachträglich ab dem Jahr 1997 ausgezahlt bekommen. Einen entsprechenden Antrag (17/7985) überwies der Bundestag am vergangenen Donnerstag zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse.

Wie die Linksfraktion in der Vorlage schreibt, hatte der Bundestag 2002 mit dem "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" (ZRBG) die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass Holocaust-Überlebende, die während des Zweiten Weltkrieges in Ghettos unter deutscher Herrschaft gearbeitet haben, daraus Rentenansprüche ableiten können. Das einstimmig verabschiedete Gesetz habe es den Überlebenden ermöglichen sollen, "rückwirkend ab dem Jahr 1997 ihre Rentenansprüche zu beziehen".

Bundessozialgericht entscheidet

Als Voraussetzung wurde dem Antrag zufolge festgelegt, dass die Tätigkeit aufgrund eines "eigenen Willensentschlusses" erfolgen musste und dafür ein "Entgelt" geleistet wurde. Infolge einer "zu restriktiven Auslegung dieser Begriffe" seien in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes nahezu alle Anträge abgelehnt worden. Nachdem das Bundessozialgericht 2009 die Interpretation der strittigen Begriffe geklärt habe, habe die Deutsche Rentenversicherung sämtliche bis dahin abgelehnten Fälle erneut überprüft. Laut Fraktion wurden daraufhin von 26.186 neu beschiedenen Fällen 23.818 positiv beschieden. Diese Holocaust-Überlebenden hätten die Rente jedoch nicht rückwirkend zum Jahr 1997, sondern nur ab dem Jahr 2005 erhalten. Die Bundesregierung habe dies mit der "im allgemeinen Sozialrecht geltenden maximalen Rückwirkung von maximal vier Jahren begründet", gab die Linke-Abgeordnete Ulla Jelpke zu Protokoll. Dass die Betroffenen die Rente erst ab 2005 erhalten, sei ein Fehler, den man gutmachen müsse, auch wenn man dazu rechtliches Neuland betreten müsse.

Nach den Worten des CDU-Parlamentariers Peter Weiß werden die Rentensenate des Bundessozialgerichts am 7. und 8. Februar über die Rückwirkung des erleichterten Zugangs zu den Ghetto-Renten entscheiden. Im Falle einer positiven Entscheidung werde seine Fraktion dafür Sorge tragen, dass die neue Regelung umgehend umgesetzt werde. Im anderen Falle werde man die Urteilsgründe "sehr genau überprüfen". Als unverständlich kritisierte Weiß, dass Die Linke den Antrag kurz vor dem Urteil einbringe: "Der gesetzgeberische Handlungsbedarf wird durch die höchstrichterliche Rechtsprechung schon sehr bald konkretisiert werden", fügte er hinzu. Damit würden "die Voraussetzungen und Vorgaben für eine Befassung" des Bundestages gesetzt.

Auch der FDP-Abgeordnete Heinrich Kolb erwartete mit Blick auf das Urteil Hinweise, "ob gesetzgeberische Konsequenzen notwendig und sinnvoll sind".

Für den SPD-Parlamentarier Anton Schaaf ist "eine politische Lösung gefragt, sollte das Bundessozialgericht nicht im Sinne der Ziele des ZRBG entscheiden können". Man dürfe "auch jetzt nicht in letzter Konsequenz davor zurückscheuen, der ursprünglichen Intention des ZRBG, eine Lücke im Recht der Wiedergutmachung für alle Ghetto-Überlebenden zu schließen, zum Durchbruch zu verhelfen".

Der Grünen-Parlamentarier Volker Beck nannte es "unhaltbar", dass überlebenden NS-Opfern durch eine "Verschleppungstaktik Rentenansprüche vorenthalten werden". Der Antrag, die Rentenzahlungen rückwirkend ab dem 1. Juni 1997 zu zahlen, finde die uneingeschränkte Zustimmung seiner Fraktion.