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Blaue Karte für schlaue Zuwanderer

INNERES Bundestag debattiert Gesetzenwurf zur EU-Hochqualifizierten-Richtlinie

05.03.2012
2023-08-30T12:17:26.7200Z
3 Min

Am eher mäßigen Wetter in Deutschland kann auch die Bundesregierung nichts ändern. Das ist Ole Schröder (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, durchaus bewusst. "Wir können aber dennoch die Entscheidung eines Zuwanderers, ob er zu uns kommen will, positiv beeinflussen", zeigte er sich vor dem Bundestag am vergangenen Donnerstag zuversichtlich. Mit diesem Ziel hat die Regierung einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie vorgelegt, die den Zuzug von Hochqualifizierten erleichtern soll - unter anderem durch die Senkung der Mindestverdienstgrenze von 66.000 Euro auf 44.000 Euro. Für Angehörigen so genannter Mangelberufe soll sich diese Grenze gar halbieren: Sie müssten mindestens 33.000 Euro verdienen, um in Deutschland leben und arbeiten zu können. Warum die Regierung die Blaue Karte EU einführen will, machte Schröder ebenfalls deutlich. Es herrsche schon jetzt ein Fachkräftemangel, der "eine Gefahr für den Wohlstand in Deutschland darstellt", sagte der Staatssekretär.

Kritik der Opposition

Bei den Fraktionen stieß der Regierungsentwurf auf ein unterschiedliches Echo. Kritik an der Umsetzung der Richtlinie gab es von SPD und Grünen. Sie erfolge zum einem zu spät und sei außerdem teilweise nicht europarechtskonform, hieß es. Redner von Unions- und FDP-Fraktion begrüßten die Vorlage als Beitrag zur Modernisierung des Zuwanderungsrechts und kündigten zugleich Änderungen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren an. Von einem Weg hin zu "neokolonialistischer Ausbeutung" war hingegen bei der Linksfraktion die Rede.

Die Regierung habe mit der Senkung der Mindestverdienstgrenze nur ein einziges Rezept, kritisierte Daniela Kolbe (SPD). Insbesondere bei den Mangelberufen liege man deutlich unter dem, was die EU als Grenze vorgebe. Das sei zum einen europarechtswidrig und zum anderen politisch fragwürdig. "Das führt zur Gefahr des Lohndumpings in hochqualifizierten Berufen", sagte Kolbe. Ihre Fraktion sehe andere Stellschrauben, an denen gedreht werden könne. Dazu gehöre auch die Frage der Zuwanderung nach einem Punktesystem.

Die Bundesregierung beklage auf der einen Seite einen "angeblichen" Fachkräftemangel, während sie auf der anderen Seite die Fördermittel zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt kürze, kritisierte Ulla Jelpke (Die Linke). "Sie produzieren den Fachkräftemangel, den Sie vorgeblich bekämpfen wollen." Ihrer Ansicht nach wollen die Unternehmen mittels ausländischer Arbeitnehmer "den Druck auf Löhne und Gehälter verschärfen". Dabei sei klar: "Wer Fachkräfte haben will, muss sie auch ausbilden und angemessen bezahlen." Die Regierung jedoch betreibe "neokolonialistische Ausbeutung" und verlagere die Ausbildungskosten ins Ausland.

Es sei nicht so, dass Akademiker Schlange stehen würden, um nach Deutschland zu kommen, bemerkte Serkan Tören (FDP). Mit der Blauen Karte würden aber Anreize geschaffen, wie etwa eine Arbeitsmöglichkeit für Ehepartner "ohne Vorrangprüfung". Wenngleich klar sei, dass Deutschland Zuwanderung brauche, müsse auch im Inland etwas getan werden, sagte er. "Wir müssen Arbeitslose weiterqualifizieren und uns um Mütter sowie Ältere kümmern." Das dürfe aber nicht gegeneinander ausgespielt werden, warnte Tören.

Nach Angaben von Memet Kilic (Grüne) fehlen in Deutschland 10.000 Akademiker. Umso bedauerlicher sei es, dass die Bundesregierung die EU-Richtlinie nur "halbherzig und verspätet" umgesetzt habe. Die Regelung, wonach "Einwanderer ihr Aufenthaltsrecht wieder verlieren, wenn sie innerhalb der ersten drei Jahre Sozialleistungen beziehen", werde auch innerhalb der Koalitionsfraktionen als rechtlich unhaltbar eingeschätzt, argumentierte Kilic.

Änderungswünsche

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl erinnerte daran, dass man sich noch in der ersten Lesung befinde und kündigte an, den Entwurf in der parlamentarischen Beratungen umzuändern. Bei der Frage der Beseitigung des Fachkräftemangels muss aus seiner Sicht zuerst im eigenen Land gesucht werden. Dann könne man in andere EU-Länder blicken, etwa nach Spanien, wo es eine Jugendarbeitslosigkeit von 50 Prozent gebe. Schließlich bestehe noch die Möglichkeit, Fachkräfte aus Drittstaaten zu holen. Die Chancen dafür würden durch die Umsetzung der Richtlinie verbessert, sagte Uhl.