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Erbe der Balkankriege

TRIBUNAL Chefankläger Brammertz informiert EU-Ausschuss

12.03.2012
2023-08-30T12:17:27.7200Z
2 Min

Über die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag hat der Chefankläger Serge Brammertz vergangene Woche in einem Gespräch im Europaausschuss des Bundestag berichtet.

Der 50-jährige belgische Jurist hatte das Amt 2008 von seiner Schweizer Kollegin Carla del Ponte übernommen. Bereits 2003 wurde er als Stellvertretender Ankläger zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag berufen, wo er vorrangig mit Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen in Uganda, Darfur und der Demokratischen Republik Kongo befasst war.

Der ICTY wird die letzten Prozesse gegen Kriegsverbrecher des ehemaligen Jugoslawiens aller Voraussicht nach 2014 abschließen - nach insgesamt 21 Jahren Arbeit.

Im Europaausschuss gab Brammertz unter anderem auch eine Einschätzung zum Stand der Aufarbeitung der Vergangenheit in den ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens. Während die kleinen Staaten wie Montenegro und Mazedonien auf einem guten Weg seien, gebe es in Teilen der Bevölkerung Serbiens, Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas Sympathien für angeklagte mutmaßliche und selbst für verurteilte Kriegsverbrecher. Die Zusammenarbeit mit den Behörden der genannten Länder bei der Fahndung nach mutmaßlichen Tätern und der Aufklärung von Verbrechen sei vor allem auf Druck des Strafgerichtshofs und der EU in Gang gekommen.

Als einer der letzten mutmaßlichen Kriegsverbrecher wurde im Mai 2011 nach jahrelanger Fahndung der serbische General Ratko Mladic nördlich von Belgrad festgenommen. Ihm werden zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkriegs zur Last gelegt, darunter das Massaker von Srebrenica, bei dem im Sommer 1995 Zehntausende muslimische Frauen und Kinder vertrieben und etwa 8.000 muslimische Jungen und Männer ermordet worden waren.

Noch zwei Jahre sind für die Arbeit des Strafgerichtshof vorgesehen. Sämtliche der gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus dem ehemaligen Jugoslawien befinden sich jetzt in Haft. Der Prozess gegen Ratko Mladic beginnt im Mai dieses Jahres. Im vergangenen Jahr verurteilte das Gericht den kroatische Ex-General Ante Gotovina, der in Teilen seiner Heimat als Volksheld verehrt wird, für Kriegsverbrechen an serbischen Zivilisten zu 24 Jahren Gefängnis.

Der ICTY kann Prozesse lediglich gegen persönlich Anwesende führen. Die Höchsstrafe, die er verhängen kann, ist die lebenslange Freiheitsstrafe. Der Strafvollzug erfolgt nicht in Den Haag, sondern in einem der Staaten, die sich in Verträgen mit den Vereinten Nationen bereit erklärt haben, Verurteilte aufzunehmen. Der Gerichtshof kann Verfahren auch an zuständige nationale Gerichte, wie beispielsweise die Sonderkammer für Kriegsverbrechen des Bezirksgerichts im serbischen Belgrad überweisen.