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ENERGIEWENDE Linke will Stromfresser stärker an den Energiekosten beteiligen. Koalition fürchtet Deindustrialisierung

02.04.2012
2023-08-30T12:17:29.7200Z
2 Min

Industriebetriebe mit hohem Energieverbrauch sind von Energiewende und Klimaschutz besonders betroffen. Um sie zu unterstützen, gelten zahlreiche Ausnahmeregelungen und Ermäßigungen. Doch wer soll dafür bei der Energiewende die Kosten tragen? Über diese Frage wurde am vergangenen Donnerstag während der ersten Lesung eines Antrags der Linksfraktion (17/8608) heftig gestritten. Darin fordert die Fraktion ein Ende der Ausnahmen. Während Union und FDP der Linksfraktion vorwarfen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie schwächen zu wollen, kritisierte die Opposition die Privilegierung großer Unternehmen auf Kosten mittlerer und kleiner Unternehmen sowie der privaten Verbraucher.

Große Steuerausfälle

Von einer "gigantischen Umverteilung" sprach Eva Bulling-Schröter (Die Linke). Harz-IV-Empfänger würden genauso wie private Verbraucher und kleine Handwerksbetriebe große Unternehmen subventionieren. "So haben sich wohl die wenigsten die Energiewende vorgestellt", sagte sie. Zudem entgingen dem Bundeshaushalt allein durch die Ermäßigungen bei der Ökosteuer für die energieintensive Industrie jährlich fünf Milliarden Euro. Wenngleich auch ihre Fraktion nicht wolle, dass Unternehmen abwandern, müsse jedoch gefragt werden, "wer tatsächlich Hilfe benötigt und wer ein Trittbrettfahrer ist", betonte sie.

Wenn die Linksfraktion nur den Unternehmen eine Ermäßigung zubillige, die vor der Insolvenz stehen, ziele dies auf die Absenkung der Wettbewerbsfähigkeit ab, entgegnete Thomas Gebhart (CDU). Die Koalition wolle aber, dass Unternehmen auch zukünftig in Deutschland produzieren und Steuern zahlen. Gleichzeitig gehe es auch darum, die Energiepreise für die Verbraucher bezahlbar zu halten, sagte er mit Blick auf die Kürzung der Solarförderung.

Es gehe nicht um Sponsoring für energieintensive Unternehmen, sondern um die Sicherung von Arbeitsplätzen, sagte auch der FDP-Abgeordnete Michael Kauch. "Wir wollen keine Politik der Deindustrialisierung", machte er deutlich. Die Koalition habe für die Ausnahmeregelungen zwei Kriterien angesetzt: Zum einen müssten die Unternehmen einen hohen Energiekostenanteil an ihrer Produktion haben. Zudem müssten sie ein Zertifikat vorlegen, "dass sie genau geprüft haben, welche Einsparmöglichkeiten sie noch haben". Die Ausnahmen müssten enger gehalten werden, weil sonst die Akzeptanz dafür schwinde, sagte Ulrich Kelber (SPD). Es könne nicht sein, dass etwa für die Befreiung von den Netzentgelten die Tatsache ausreichend sei, dass ein Unternehmen viel Strom verbraucht. "Das ist eine blödsinnige Regelung", befand Kelber. Die SPD wolle engere Grenzen: "Wer Subventionen haben will, muss nachweisen, dass er sie auch braucht." Wenn die FDP von Deindustrialisierung rede, denke er an die Solarindustrie und daran, dass die FDP bei Windenergieanlagen von Windmonstern spreche, sagte Oliver Krischer (Die Grünen). Auch er sei der Meinung, dass die energieintensive Industrie im Land gehalten werden muss. Wegen des derzeitigen Strompreises, der unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre liege, gebe es aber "keine Notwendigkeiten, weitere Subventionen zu verteilen", sagte Krischer.