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"Dieser Teppich ist noch nicht geklopft"

ENTWICKLUNG Opposition wirft Minister Niebel vor, Privates und Dienstliches nicht zu trennen

18.06.2012
2023-08-30T12:17:32.7200Z
2 Min

Lapsus, Fehltritt, Staatsaffäre? Der umstrittene Transport eines privaten Teppichs von Kabul nach Berlin in einem Flugzeug des Bundesnachrichtendienstes (BND) hat Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) vergangene Woche in Erklärungsnot gebracht. In einer von der SPD-Fraktion verlangten Aktuellen Stunde entschuldigte sich Niebel für den Vorgang. Er habe einen Fehler begangen, den er "selbst zu verantworten habe". Niebel hatte bei einer Dienstreise in Kabul privat einen Teppich erworben, dieser wurde am Zoll vorbei nach Berlin gebracht - im Flugzeug des (BND) bei einer Dienstreise von dessen Chef Gerhard Schindler. "Niemand ärgert sich über diesen Vorgang mehr als ich", sagte Niebel. Er werfe sich vor, "keine klaren Absprachen" getroffen zu habe. Er bedauere, dass Schindler, der von einem "zollfreien Gastgeschenk" ausgegangen sei, "in eine unangenehme Situation gebracht worden ist".

Eine Steilvorlage für die Opposition: Der Minister habe dem "Ansehen und der Glaubwürdigkeit" Deutschlands geschadet und sei nicht mehr tragbar, sagte der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Raabe. "Gute Regierungsführung ist für uns etwas, was wir vorleben müssen". Heike Hänsel (Die Linke) warf Niebel "fehlendes Gespür" dafür vor, was sich Politiker erlauben dürfen und was nicht. Der Minister sei in einer Kriegsregion gewesen, wo täglich Menschen sterben würden, ein privater Teppichkauf sei hier nicht angebracht.

Sibylle Pfeiffer (CDU) monierte eine fehlende Verhältnismäßigkeit: Der Minister habe einen Fehler gemacht, das sei ärgerlich und Niebel stehe dafür gerade. "Daraus eine Staatsaffäre zu machen, wie es die Opposition will und tut, ist ebenfalls ein Fehler." Für Niebel sprang auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring in die Bresche. Eine Verkettung von unglücklichen Umständen habe zu dem Zollvergehen geführt. Die Sache sei "eine Blamage für die Opposition", die hier versuche, eine Mücke zu einem Elefanten aufzupumpen.

Niebel fordere stets gute Regierungsführung ein - habe nun aber selbst Privilegien missbraucht, sagte Ute Koczy (Bündnis 90/Die Grünen) und prophezeite, dass dieser "Teppich noch nicht geklopft" sei.

Am vergangenen Donnerstag berichtete das Magazin "Der Spiegel" online über einen Brief des BND-Chefs, in dem dieser Niebels Darstellung wiederspricht: Demnach habe es vor der Mitnahme des Teppichs klare Absprachen mit Niebels Ministerium gegeben. Niebel wies diese Darstellung in einer Pressemitteilung zurück. Es habe "keine Festlegung" über "eventuell notwendige Formalitäten" gegeben. Das Parlamentarische Kontrollgremium, das die Nachrichtendienste des Bundes kontrolliert, wird sich in dieser Woche in einer Sondersitzung mit dem Vorgang befassen.