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Wenn das Ziel verschwimmt

VON JÖRG BIALLAS

22.10.2012
2023-08-30T12:17:40.7200Z
2 Min

Eine gesicherte Energieversorgung ist fester Bestandteil eines zivilisierten Lebens. Wir brauchen Strom so elementar wie Unterkunft, Nahrung, Kleidung oder Wasser. Und doch ist Energie für die meisten Menschen vor allem eines: eine Selbstverständlichkeit, über die es sich allenfalls nachzudenken lohnt, wenn wieder einmal die Preise steigen sollen.

So war es auch in der vergangenen Woche, als die Öko-Umlage angehoben wurde. Die meisten Haushalte werden problemlos in der Lage sein, diesen Obolus zur Finanzierung der Energiewende zu entrichten. Insofern war die öffentliche Aufregung übertrieben und wirkte wie in der politischen Küche hausgemacht.

Allerdings ist dabei ein Aspekt in den Blickpunkt geraten, der fürwahr bemerkenswert ist: Zahlreiche industrielle Großabnehmer nehmen angeblich die Möglichkeit in Anspruch, vom Netzentgelt befreit zu werden. Bei vielen mag das, wie im Gesetz vorgesehen, nachvollziehbar sein, um auf schwierigen, internationalen Märkten konkurrenzfähig zu bleiben.

Andere haben Ausnahmegenehmigungen offenbar ohne triftigen Grund beantragt - und trotzdem erhalten. Gut also, dass der politische Streit darüber Handlungsbedarf herausgeschält hat. Der fatale Eindruck, Otto Normalverbraucher subventioniere finanzstarke Unternehmen, wird damit entkräftet.

Diskussionen über solche Details machen vergessen, dass der angestrebte Ausstieg aus der Atomenergie ein sehr komplexes Generationenprojekt ist. Gelingt es, hat Deutschland beispielgebend für alle anderen Nationen eine zukunftsweisende Wegmarke erreicht.

Bis dahin gibt es freilich noch Vieles zu bewältigen: Leitungen müssen ausgebaut, Speicherkapazitäten erhöht, kosteneffizientere Methoden regenerativer Stromgewinnung entwickelt und flexibel zuschaltbare Energiequellen vorgehalten werden.

Es ist parlamentarischer Wille im Land, die Herausforderungen einer grundlegenden Energiewende anzugehen. Über konkrete Inhalte muss weiterhin diskutiert werden. Eins darf dabei jedoch nicht geschehen: Dass in dieser Debatte parteipolitische Scharmützel um des temporären Triumphes willen das gemeinsam definierte Ziel unkenntlich werden lassen.

Der Atomausstieg ist ein Thema, das für plakative Zuspitzung ungeeignet ist. Sogar in Zeiten des Wahlkampfes.