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Bundesrat startet Verfahren

NPD-VERBOT Lammert warnt vor neuem Gang nach Karlsruhe

17.12.2012
2023-08-30T12:17:43.7200Z
3 Min

Zwolf Jahre nach dem gescheiterten ersten Versuch wird erneut ein Verbotsverfahren gegen die NPD eingeleitet. Mit einer deutlichen Mehrheit hat sich der Bundesrat am vergangenen Freitag dafür entschieden, vor dem Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die rechtsextremistische Partei einzureichen. Lediglich Hessen enthielt sich bei der Abstimmung. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erinnerte daran, dass das erste Verbotsverfahren durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2003 "ohne Entscheidung in der Sache" eingestellt worden sei. Das Gericht habe seinerzeit nicht entscheiden können, ob das vorgelegte Material von der NPD oder von V-Leuten stammte, sagte die Ministerpräsidentin. "Daraus haben wir unsere Lehren gezogen", betonte sie und machte zugleich deutlich: "Wir sind überzeugt davon, dass die NPD verfassungswidrig ist." Von einem "gründlich vorbereiteten Antrag" sprach auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD). "Die Beweislage ist erdrückend", schätzte er ein. Zugleich appellierte Wowereit an Bundestag und Bundesregierung, ebenfalls einen Antrag in Karlsruhe zu stellen.

Der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) verwies dagegen vor allem auf die Gefahren eines Verbotsantrags: "Ein gescheitertes Verfahren könnte zur Aufwertung der NPD führen", merkte er an. Gleichwohl stelle sich Hessen einem Verbotsantrag nicht in den Weg und habe daher auch auf das Veto in der Innenministerkonferenz verzichtet, sagte Hahn weiter.

Ob es die von der Länderkammer geforderte Unterstützung des Antrages durch Bundestag und Bundesregierung geben wird, ist derzeit unklar. Unter den Abgeordneten gibt es keine einheitliche Linie. Es zeichnet sich aber ab, dass auf Seiten der Opposition die Neigung, dem Verbotsantrag beizutreten, größer ist als innerhalb der Regierungskoalition.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich erneut deutlich gegen einen eigenen NPD-Verbotsantrag des Bundestages ausgesprochen. Er bezweifelte, dass das von den Innenministern der Länder gesammelte Material für ein Verbot der rechtsextremen Partei ausreicht. Die politischen Risiken seien größer als die erhofften Vorzüge, hatte Lammert im WDR gesagt und vor einem "Solidarisierungseffekt im Wahljahr 2013" gewarnt. Die NPD schneide bei Wahlen schlecht ab, sagte Lammert. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy kritisierte Lammert für seine Aussagen. Edathy schlägt vor, "dass die Abgeordneten sich selbst ein Bild von der Beweisstärke der Unterlagen machen müssen, um dann zu entscheiden, ob neben dem Bundesrat auch der Bundestag einen Verbotsantrag stellen sollte". Unterstützung für Lammert kam dagegen vom Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Fraktion: "Ich bin dem Bundestagspräsidenten dankbar, dass er so deutliche Worte gefunden hat", sagt Jörg van Essen. "Meine Grundüberzeugung ist, dass wir in einer gefestigten Demokratie leben. Wir brauchen deshalb keine Parteienverbote. Wir werden mit den Extremisten mit den Mitteln der Demokratie fertig."

Nach Einschätzung von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wird der Bundestag dennoch vermutlich einem neuen NPD-Verbotsantrag der Länder zustimmen, wenn dies auch die Regierung tut. Die wiederum sucht den Schulterschluss mit dem Bundestag, wie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) deutlich machte, der ebenso wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auch öffentlich Bedenken äußert. Der Skepsis der Bundesregierung schließen sich auch viele Grünen-Abgeordnete im Bundestag an. Fraktionschef Jürgen Trittin spricht sich hingegen dezidiert für ein Verbot aus und rät seinen Abgeordneten zur Lektüre der Unterlagen der Landesinnenminister.

Die Stichhaltigkeit des Belastungsmaterials prüfen will auch die Linksfraktion. Deren Innenexpertin Ulla Jelpke hat "keine Zweifel", dass es sich bei der NPD um eine "verfassungswidrige Partei handelt, deren Verbot die Neonazis von staatlicher Parteienfinanzierung und dem Schutz des Parteienprivilegs abschneiden würde". In die Prüfung des Materials müsse auch das Parlament einbezogen werden, fordert sie.