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Adliger Landwirt: Hans-Georg von der Marwitz

25.02.2013
2023-08-30T12:23:54.7200Z
3 Min

Für Hans-Georg von der Marwitz gibt es da nichts zu relativieren. "Ja, es ist ein Skandal, dass das Fleisch falsch deklariert war", sagt der CDU-Abgeordnete aus dem brandenburgischen Friedersdorf, knapp 60 Kilometer östlich von Berlin gelegen. Für den Ruf nach Konsequenzen hat er Verständnis. "Es geht nicht darum, ob Pferdefleisch gesundheitsschädigend ist, sondern darum, dass die Verbraucher getäuscht wurden", sagt der 51-Jährige, der dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz angehört. Nur - was für Konsequenzen sollten das sein? Von der Marwitz verweist auf die Verantwortung des Handels. "Der letzte in der Verkaufskette muss auch entsprechend in Haftung genommen werden", fordert er. Die Politik müsse hier Druck aufbauen, und zwar "von der Ladentheke bis zum Landwirt". Eine Erhöhung des Strafmaßes sei in diesem Zusammenhang "konsequent und richtig". Ob sich damit künftige Skandale ausschließen lassen? Der CDU-Politiker ist skeptisch. "Dafür ist einfach zu viel kriminelle Energie vorhanden", schätzt er ein.

Vom letzten Skandal um falsch etikettierte Produkte war der Landwirt Hans-Georg von der Marwitz selbst betroffen. Ende 2011 waren konventionell erzeugte Produkte als Bioprodukte in den Markt gelangt. Von einem "schweren Schaden für ökologisch wirtschaftende Landwirte", sprach damals von der Marwitz, der auf dem von seiner Familie seit Ende des 17. Jahrhunderts bewirtschafteten Landgut im Oderbruch ökologischen wie auch konventionellen Ackerbau betreibt. "Ich bin breit aufgestellt", sagt er dazu schmunzelnd. Wieso aber lehnt jemand, der selber Biobauer ist, im Bundestag Anträge der Grünen für eine Stärkung des Biolandbaus ab? "Das ist so nicht ganz richtig", korrigiert er. Es gehe ihm vielmehr darum, dass nicht noch eine weitere Förderung ins Leben gerufen wird, sagt von der Marwitz. Er plädiert ohnehin für einen sukzessiven Abbau der Direktzahlungen an die Landwirte - ökologische wie auch konventionelle. Mit dieser Art der Subventionen werde die Agrarstruktur verändert, sagt er. "Und zwar nicht zum Besseren." Zu erleben sei dies nicht zuletzt in seinem Wahlkreis Märkisch Oderland.

"Hier gibt es einen wahnsinnigen Strukturwandel", macht von der Marwitz deutlich. "Die landwirtschaftlichen Betriebe werden immer größer", warnt er. In seinem Landkreis seien derzeit 25 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Hand von vier großen Gesellschaften. "Das ist eine ungute Entwicklung, bei der die Direktzahlungen als Brandbeschleuniger wirken", sagt von der Marwitz. Aber profitiert er nicht auch selber von den 300 Euro je Hektar aus Brüssel? Klar sei dies eine sichere Einnahmequelle, räumt er ein. Allerdings: "Dem unternehmerischen Engagement und dem landwirtschaftlichen Können ist so eine Zahlung sicher nicht zuträglich." Hauptprofiteure der derzeitigen Regelung seien ohnehin die Großbetriebe mit viel Fläche, die wiederum für die Entwicklung im ländlichen Raum wenig beitragen würden.

Das war schon bei den Vorfahren des Unions-Abgeordneten anders. "Schon früh haben sie sich weit über ihre familiären und wirtschaftlichen Interessen für das Dorf und die Gemeinschaft verantwortlich gefühlt", sagt Hans-Georg von der Marwitz, der seit 1991 die nach dem Zweiten Weltkrieg zwangsenteigneten von Marwitzschen Ackerflächen wieder bewirtschaftet. Warum hat der damals knapp 30-jährige staatlich geprüfte Landwirt den Schritt in den Osten Deutschlands gewagt? "Triebfeder war nicht allein, in den Generationskontext wieder einzusteigen", sagt er. Vielmehr habe er in dem Familiengut nahe Seelow die Chance gesehen, im Ackerbau etwas aufzubauen.

Probleme mit der Akzeptanz innerhalb des brandenburgischen Dorfes hatte der im Allgäu aufgewachsene von der Marwitz nicht. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass er keine Restitutionsansprüche gestellt hat. Stattdessen wohnte er mit seiner Frau monatelang in einem Wohnwagen. Später wurde das Familiengut teils zurückgekauft und teils gepachtet. Die Familie von der Marwitz wohnt gern im Oderbruch. "Wir fühlen uns sehr wohl hier. Die Kinder sind ja auch schon märkische Urgesteine", sagt der vierfache Familienvater.