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Startbereit für Mali

WESTAFRIKA Der Bundestag billigt den Bundeswehr-Einsatz. Bis zu 330 Soldaten sollen ausbilden und logistisch unterstützen

04.03.2013
2023-08-30T12:23:54.7200Z
4 Min

Der Weg für den Einsatz der Bundeswehr in Mali ist frei. Mit deutlicher Mehrheit sprach sich der Bundestag am vergangenen Donnerstag in namentlicher Abstimmung für die Entsendung von Soldaten in das krisengeschüttelte westafrikanische Land aus. Wie in Anträgen der Bundesregierung gefordert, sollen im Höchstfall 180 Soldaten zur Ausbildung von Pionieren und Sanitätssoldaten nach Mali geschickt werden (17/12367, 17/12520). Für Transportleistungen und die Luftbetankungen der französischen Streitkräfte stellt die Bundeswehr bis zu 150 Soldaten bereit (17/12368, 17/12522). Damit wird auch der Einsatz jener 63 Bundeswehrsoldaten nachträglich mandatiert, die schon heute mit ihren Transall-Maschinen bei der Verlegung von Truppen aus afrikanischen Nachbarstaaten aktiv sind.

Politische Lösung

Im Verlauf der Debatte sprachen sich Redner der Koalition, aber auch von SPD und Grünen für den Einsatz aus. Deutschland dürfe nicht abseits stehen und zusehen, wie andere die Arbeit machen, sagte der SPD-Außenexperte Gernot Erler. Kerstin Müller (Grüne) machte deutlich, dass ohne das militärische Einschreiten politische Lösungen keine Chance hätten. Von einem "genau richtig dosierten Beitrag" sprach Rainer Stinner (FDP). Andreas Schockenhoff (CDU) verwies darauf, dass der Einsatz in Afghanistan gezeigt habe, dass man nicht abwarten dürfe, bis die Terroristen ein Land total im Griff hätten. Auf geschlossene Ablehnung trifft der Bundeswehreinsatz bei der Linksfraktion. Auch deren Abgeordnete Christine Buchholz zog in ihrer Rede das Beispiel Afghanistan heran. Mit einem anderen Resümee als Schockenhoff: Afghanistan habe gezeigt, dass sich Terror nicht mit Krieg bekämpfen lasse, sagte Buchholz.

Bei jeder Entscheidung, ob die Bundeswehr im Ausland aktiv werden soll, müsse es eine sehr genaue Abwägung geben, sagte Rainer Stinner. Im Falle von Mali sei völlig klar, dass "eine regionale Destabilisierung auch deutsche Sicherheitsinteressen nachhaltig beeinflusst". Der FDP-Außenpolitiker forderte dazu auf, der deutschen Bevölkerung zu sagen, "dass es auch uns berühren muss, wenn sich weitere terroristische Kräfte unweit der EU-Grenzen breitmachen". Aus seiner Sicht ist die Aufteilung des Einsatzes in zwei Mandate der richtige Weg. Daran gebe es auch vom Bündnispartner Frankreich, dessen akutes Handeln Stinner ausdrücklich lobte, keine Kritik. "Der deutsche Beitrag wird anerkannt", sagte Stinner.

Gernot Erler (SPD) stellte die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass Mali nun militärische Unterstützung braucht. Es habe eben keine angemessene politische Reaktion gegeben, als die Konfliktlinien in dem Land immer sichtbarer wurden, kritisierte er. Das betreffe den Konflikt zwischen alten Eliten und Putschisten, den Konflikt innerhalb der malischen Armee und den Nord-Süd-Konflikt, in dessen Verlauf sich die unzufriedene Volksgruppe der Tuareg mit islamistischen Gruppen eingelassen habe. "Diese Konflikte bestehen weiter", sagte der SPD-Außenpolitiker, der auch kritisierte, dass als Folge des Putsches in Mali die Entwicklungszusammenarbeit vorübergehend eingestellt worden sei. "Das muss nun alles aufgearbeitet werden", verlangte er. Ansonsten sei das Postulat der Vorrangigkeit einer politischen Lösung nicht glaubhaft.

Grundsatzdebatten

"Ohne den französischen Kampfeinsatz wäre Mali an islamistische Terroristen verloren gegangen", betonte der stellvertretende Vorsitzender der Unions-Fraktion, Andreas Schockenhoff. Gleichwohl gelte die Aussage von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), das Militär könne Entwicklung und Politik nicht ersetzen. Daher müsse der politische Prozess vorangetrieben werden. "Deutschland leistet dabei seinen Beitrag", machte Schockenhoff deutlich. Mit Blick auf die ständig steigende Zahl an Bundeswehr-Mandaten sprach er sich dafür aus, künftig eine regelmäßige Grundsatzdebatte zu sicherheitspolitischen Fragen im Bundestag zu führen. Dies sei nicht als Ersatz der einzelnen Mandatsdebatten zu verstehen, sagte Schockenhoff.

Luftangriffe

An einer "Grundsatzdebatte über die Kriegspolitik der Bundesregierung" habe ihre Fraktion keinen Bedarf, stellte hingegen Christine Buchholz (Die Linke) klar. "Wir brauchen vielmehr eine Generaldebatte über die wirtschaftlichen und sozialen Probleme, die der Waffenhandel in dieser Welt verursacht", sagte sie. Den Anträgen der Bundesregierung verweigere die Linksfraktion ihre Zustimmung. Schließlich lasse sich Terror nicht mit Krieg bekämpfen. "Krieg ist selber Terror", sagte Buchholz. Unverantwortlich nannte sie es, dass der Bundestag Luftangriffe der französischen Armee unterstützen wolle, obwohl selbst der Bundesregierung keine Erkenntnisse über die Zahl der Opfer dieser Angriffe vorlägen. Zugleich stellte die Linken-Abgeordnete die Motivation Frankreichs, sich in Mali zu engagieren, in Frage. Es gehe dabei weniger um Terrorbekämpfung als vielmehr um die Absicherung eigener wirtschaftlicher Interessen, sagte Buchholz.

Die Außenexpertin der Grünen, Kerstin Müller, verteidigte das französische Handeln. Der Zerfall des Staates Mali sei zu befürchten gewesen, entgegnete sie. Angesichts dessen habe Frankreich richtig gehandelt. "Ohne diese Notoperation hätte die Politik gar keine Chance gehabt", sagte Müller. Zugleich übte sie Kritik an der Bundesregierung. Im Interesse einer Strategie für die gesamte Sahel-Region sei es nötig, das vorhandene gute Netzwerk für zivile Krisenprävention in Deutschland zu nutzen. "Das fristet aber leider ein Schattendasein", beklagte die Grünen-Abgeordnete, die sich auch für die schrittweise Wiederaufnahme der die Entwicklungszusammenarbeit mit Mali aussprach. Ein dahingehender Entschließungsantrag ihrer Fraktion (17/12543) fand jedoch keine Mehrheit. Die Bundesregierung hatte ihrerseits Mitte Februar angekündigt, die Entwicklungszusammenarbeit schrittweise wieder aufzunehmen.