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Firewall gegen Spekulation

FINANZEN Bundestag beschließt Regulierung des Hochfrequenzhandels. Opposition will Entschleunigung

04.03.2013
2023-08-30T12:23:55.7200Z
3 Min

Die Börse ist auch nicht mehr das, was sie einmal war", entfuhr es Manfred Zöllmer (SPD) am Donnerstag in der Bundestagsdebatte über den Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren. In der Tat: Die Zettelwirtschaft der Kursmakler ist Geschichte, Computerprogramme übernehmen zunehmend die Regie beim Handel. Daraus können sich Risiken entwickeln, wie etwa der "Flash Crash", der Zusammenbruch der US-Börsen am 6. Mai 2010. Damals sackten die Kurse, angetrieben von softwaregesteuerten Verkaufsorders, binnen Sekunden um zehn Prozent ab.

Schutz vor Krisen

Das soll sich nicht wiederholen, und daher musste nach Ansicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CSU), "ein weiterer wichtiger Baustein in der Brandmauer, die uns vor künftigen Finanzkrisen wirksamer als in der Vergangenheit schützen soll", gesetzt werden. Bei der "Firewall" handelt es sich um den Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel (17/11631, 17/11874, 17/12536). Die Koalition stimmte dafür, die Opposition geschlossen dagegen. Mit dem Gesetz soll der im Millisekundenbereich von Computerprogrammen durchgeführte Börsenhandel reguliert und im Ergebnis entschleunigt werden.

Besonders umstritten war in der Debatte, ob es eine Mindesthaltefrist für georderte Wertpapiere geben soll oder nicht. Koschyk erklärte, eine nationale Einführung würde keinen Sinn machen. Man habe schließlich eine Verantwortung für den Börsenstandort Deutschland. Nach Angaben von Björn Sänger (FDP) droht bei einer Mindesthaltefrist eine Verlagerung des Börsenhandels ins Ausland, wo es solche Regelungen nicht gibt. Wer Mindesthaltefristen wolle, "stellt 25 Prozent des Börsenhandels zur Diskussion. Das ist nicht wenig", warnte Sänger und verteidigte den Entwurf der Koalition als "Ordnungsrahmen, dem man zustimmen kann".

Koschyk warf ebenso wie der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), der rot-grünen Opposition vor, während ihrer Regierungszeit zu wenig zur Regulierung der Märkte getan zu haben: "Hätten Sie in Ihrer Regierungszeit hier gehandelt, Deutschland, Europa und der Welt wäre viel erspart geblieben", sagte Koschyk. "Wir sind die ersten weltweit, die dieses Thema überhaupt anpacken", sagte Flosbach, der der SPD vorwarf, elf Jahre den Finanzminister gestellt und in diesem Sektor nichts getan zu haben.

Carsten Sieling (SPD-Fraktion) sagte, es sei richtig, angesichts früherer Crashsituationen mit der Regulierung des Hochfrequenzhandels zu beginnen. Es sei bereits zu "gewaltiger Geldvernichtung" gekommen. Aber durch die von der Koalition beschlossenen Maßnahmen ohne Mindesthaltefrist werde es nicht zu einer Entschleunigung des Handels kommen: "Sie fassen nicht die Computer an, Sie wechseln die Monitore aus", sagte Sieling, der der Koalition vorwarf, den hyperschnellen Börsenhandel gar nicht beschränken zu wollen. Ein Antrag der SPD (17/12551) auf Einführung von Mindesthaltefristen, wurde abgelehnt.

Höhere Gebühren

"Wir meinen, dass der Schaden überwiegt", stellte Richard Pitterle (Linke) fest und verlangte, "dafür zu sorgen, dass der Hochfrequenzhandel ausgebremst und zurückgedrängt wird". Pitterle wies darauf hin, dass der Hochfrequenzhandel inzwischen in so kurzen Zeiträumen stattfinde, "dass nicht nur Menschen, sondern auch die allermeisten Computer nicht mehr mitkommen". Hinzu komme, dass es mit Computerprogrammen Probleme geben könne: "Fehler zu machen ist nicht nur menschlich. Fehler zu machen ist auch computerisch", sagte Pitterle, der ebenfalls Mindesthaltefristen forderte.

Sie halte den Hochfrequenzhandel offenbar für sinnvoll, warf Gerhard Schick (Grüne) der Koalition vor. Dabei schade er mehr als er nutze. Liquidität werde nur in Teilbereichen geschaffen, "und das mittelständische Unternehmen, das an der Börse in Stuttgart notiert ist, hat von dem ganzen Hochfrequenzhandel gar nichts".

Der Gesetzesbeschluss sieht vor, dass Hochfrequenzhändler der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt werden. Im Hochfrequenzhandel tätige Unternehmen müssen in Zukunft sicherstellen, dass ihre Handelssysteme den Markt nicht stören. Dadurch sollen extreme, irrationale Kursschwankungen wie beim "Flash Crash" ohne jeden Bezug zu realwirtschaftlichen Entwicklungen verhindert werden. Zudem werden "bestimmte Handelspraktiken, welche ohne Handelsabsicht getätigt werden, um das Funktionieren der Handelssysteme zu stören oder zu verzögern oder andere Handelsteilnehmer zu täuschen", als Marktmanipulationen angesehen. Die Börsen sollen verpflichtet werden, bei exzessiver Nutzung der Handelssysteme höhere Gebühren zu verlangen.