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Europäisches Semester umstritten

22.04.2013
2023-08-30T12:23:57.7200Z
2 Min

EUROPA

Zusammen mit der Europäischen Wachstumsstrategie 2020 wurde im Jahr 2011 das Europäische Semester (ES) eingeführt. Dabei nimmt die Kommission jährlich eine Analyse der Wirtschafts- und Strukturreformprogramme vor und gibt den EU-Staaten anschließend entsprechende Empfehlungen hinsichtlich der Aufstellung des kommenden Haushalts.

Nach Meinung von Experten bietet das ES Chancen für eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, berücksichtigt aber zu wenig soziale Aspekte und führt zu einer Reihe demokratiepolitischer Probleme. Bei einer Anhörung des Europaausschusses in der vergangenen Woche wurden die Wirkungen des Europäischen Semesters von den geladenen Experten unterschiedlich bewertet.

Als "größtenteils positiv und als Chance" bewertete Professor Michael Eilfort von der Stiftung Marktwirtschaft das ES. Er sehe darin keine Vorstufe für eine Wirtschaftsregierung, sondern eine "politische Umsetzungshilfe" für einzelne Staaten. Man könne Ziele setzen und auch den Druck erhöhen, "aber man sollte nicht die Wege vorschreiben", warnte Eilfort. Das zwingende Ziel müsse sein, ausgeglichene Haushalte zu erreichen. Das müsse auch in Deutschland teilweise noch stärker beherzigt werden: "Wir predigen Wasser und trinken doch auch noch etwas Wein", sagte er.

Auch nach Ansicht von Rolf Kroker vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln habe man aus der Finanzkrise gelernt, dass eine bessere Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik notwendig sei. Europa habe die Chance aus der Krise gestärkt hervorzugehen. "Neue Instrumente tragen zu einer stärkeren Koordinierung bei", sagte er. Professor Walter Hanesch von der Hochschule Darmstadt forderte, dass es eine Balance zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik geben müsse. Er sprach dabei das Verhältnis zwischen der europäischen Strategie 2020 und dem ES an. Beim Abstimmungsprozess zwischen den Staaten läge der Schwerpunkt auf der Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Auf die demokratiepolitischen Folgen des ES ging Professor Andreas Maurer von der Stiftung Wissenschaft und Politik ein. Die Krise habe das technokratische und intergouvernementale Handeln verstärkt und die bereits erreichten Demokratiesierungsschritte durch eine sukzessive Parlamentarisierung der EU "unterhöhlt und teilweise außer Kraft gesetzt". Daher finde die Koordinierung durch das Europäische Semester "im Schatten europäischer Entscheidungen" statt.